Haariger Respektbeweis

„Pejot“ ist der Plural des hebräischen Wortes „Pea“, zu Deutsch: Seite, Rand, Ecke. Im Jiddischen wird für den rituellen Akt des Haareschneidens der Name „Opschernisch“ gebraucht. Umgangssprachlich bezeichnen „Pejes“ im Deutschen Schläfenlocken. In der Thora wird verboten, den Rand des Kopfes zu scheren. Im dritten Buch Mose, Kapitel 19, 27, heißt es: „Ihr sollt nicht die Ecken eures Haupthaares ringsherum abnehmen; und die Ecken deines Bartes sollst du nicht zerstören.“ Religiöse Juden bekräftigen gerne ihre Worte mit dem Zusatz: „Ich schwöre bei Bart und Pejes.“

Viele ultraorthodoxe Juden unterlassen es noch heute, ihr ganzes Leben aus Respekt vor der Heiligkeit der Schläfenlocken dieselben zu schneiden. Manche Chassiden wickeln oder kräuseln ihre Peot lockenförmig, damit sie weniger lang aussehen. Bei den Chassiden – abgeleitet vom Wort Zaddiken (Gerechte) – handelt es sich um gläubige Männer, die im 17. Jahrhundert in Polen und Russland als Bettler und Händler auftraten, um jüdisches Bewusstsein und Wissen zu vermitteln. Durch die Erfüllung der jüdischen Religionsgesetze beziehungsweise -pflichten, der Mizwot, sagen sie, werde das Kommen des Messias beschleunigt.

Besonders in Mea Schaarim in Jerusalem leben heute noch viele strenggläubige Juden. Shneur Salman Ben Baruch aus dem weißrussischen Lyady gründete innerhalb des Chassidismus die Chabad-Bewegung. „ChaBaD“ ist die Abkürzung der drei hebräischen Worte für Weisheit, Verstand und Wissen. Der Chabad-Gründer ging 1813 von Lyady nach Lubawitsch. Ein Ort in der Nähe von Smolensk, heute in der Russischen Föderation liegend. Die Chabad-Lubawitsch-Bewegung will die zum Teil säkularisierten Juden zu neuer Religiosität bekehren. Sie verfügt nach eigenen Angaben weltweit über zweihunderttausend Mitglieder und etwa zweitausend Zentren. Geleitet wird Chabad von Brooklyn aus.

Der letzte große spirituelle Führer der „Lubawitscher“ war der 1994 verstorbene Rebbe Menachem Mendel Schmeerson. Per Videoübertragung verkündete er seine Lehre. Die Mitglieder kommunizieren per E-Mail oder Handy miteinander und werben über Webpages (etwa www.chabad.com) im Internet für sich.

Ins Deutsche übersetzt, bedeutet das hebräische Wort Kabbala zunächst nur „Überlieferung“ und steht für die religiöse Überlieferung. Allerdings wird unter Kabbala alles verstanden, was sich nicht rational einordnen und erklären lässt und deshalb im Übersinnlichen, Mystischen und Religiösen verborgen ist. Sie erschließt sich dem Unwissenden und Nichtsehenden nicht. In diesem Sinne verbirgt sich hinter der Kabbala eine „göttliche Weisheit, die unter strengsten Vorschriften als Geheimlehre gehütet wird“. In sie muss man von jenen, die bereits initiiert sind, eingeführt werden, um die Lehre dann als „Erleuchteter“ weitertragen zu können unter die in der Diaspora lebenden Juden.

HANS ULRICH DILLMANN