Betr.: Berliner Volkskämmerer

Die Ärztin Sabine Bergmann-Pohl war das letzte DDR-Staatsoberhaupt

Sabine Bergmann-Pohl erging es wie den meisten Abgeordneten des letzten DDR-Parlamentes: Quasi direkt von ihrem Arbeitsplatz war die Ärztin in die Volkskammer gewechselt. Nicht nur das: Bergmann-Pohl wurde zu deren Präsidentin gewählt und damit Staatsoberhaupt der DDR. Staatsbesuche statt Patientenvisiten: Doch Bergmann-Pohl hatte wenigstens das kleine politische Einmaleins gelernt. Seit 1981 CDU-Mitglied, gehörte sie später dem Bezirksvorstand Berlin an.

Seit zehn Jahren sitzt sie nun im Bundestag. Der Unterschied zur Volkskammer? „Das Herz lag damals viel mehr auf der Zunge“, sagt die 54-Jährige. „Die Spontaneität war die Stärke des Parlaments. Weil es keine fest gefügte Geschäftsordnung gab, entstanden immer wieder turbulente Szenen, die die Frische und hohe Popularität der Volkskammer ausmachten.“ Die Abgeordneten hätten damals mehr Ehrlichkeit gezeigt als heute. „Wir lassen uns im Bundestag viel zu stark in Fraktionszwänge einbinden.“

Der politische Aufstieg der Sabine Bergmann-Pohl endete nicht mit dem 3. Oktober 1990. Unter Kohl wurde sie zuerst Bundesministerin für besondere Aufgaben, später parlamentarische Staatssekretärin am Bundesgesundheitsministerium. „Die Deutschen haben es versäumt, sich gegenseitig ihre Biografien anzuerkennen“, sieht die CDU-Politikerin als Manko der Vereinigung an. Und: Nicht alles aus der DDR, was auf der Schutthalde der Zeit gelandet sei, gehöre dort auch wirklich hin. Sabine Bergmann-Pohl nennt da vor allem Strukturen aus ihrem Fachbereich – dem Gesundheitswesen.

Aber bitte schön: Sie hätte sich als Staatssekretärin doch für deren Erhalt einsetzten können. „Habe ich ja versucht“, verteidigt sie sich. Erfolglos. Politik ist heute eben viel schwerer zu gestalten als in der letzten Volkskammer. NICK REIMER