: Der Wortkarge
Obwohl er die Sanierung von Rover in den Sand gesetzt hat, genießt der Chef des BMW-Vorstands, Joachim Milberg, noch jede Menge Vertrauen
So etwas bekommen nicht viele hin: als Vorstandschef binnen eines knappen Jahres wegen einer strategischen Fehlentscheidung Verluste von 2,5 Milliarden Euro einzufahren, noch einmal ein paar Milliarden draufzulegen, um die Fehlentscheidung zu beheben – und trotzdem vom Aufsichtsrat gelobt zu werden. Oder: von Betriebsräten und Gewerkschaftern mit den größten Hoffnungen als Sanierer erwartet zu werden, zu scheitern – und sich trotzdem die Unterstützung zumindest eines Teils der Arbeitnehmer zu erhalten. Joachim Milberg kann das.
Der BMW-Chef hat mit der ewigen Tradition im Management des deutschen Autobauers gebrochen, niemals einen Fehler einzugestehen. Und damit erreicht, dass die Verantwortlichkeit für das Rover-Debakel nun überall anders gesucht wird: beim starken Pfund und dem schwachen Euro, bei der britischen Regierung, die zu geizig mit ihren Subventionen gewesen sein soll, sowie bei der EU-Wettbewerbskommission, die sich bei den staatliche Beihilfen viel zu sehr angestellt habe.
Wie macht dieser Mann das, dem man bei der Amtsübernahme im vergangenen Jahr noch nachgesagt hatte, ihm fehle die Smartness seines Vorgängers, des mayakundigen Formel-1-Fans Bernd Pischetsrieder? Damals galt er als zweite Wahl, er sei „nett und umgänglich, aber auch weich und nachgiebig“, hieß es.
Die Erklärung ist einfach: Der Mann wurde schlicht unterschätzt, weil er bis dato kaum in Erscheinung getreten war. Selbst die Sanierung beim Maschinenbauer Gildemeister, mit der er Ende der 70er-Jahre, lange vor seiner Zeit bei BMW, schon einmal ein Vorzeigestück abgeliefert hatte, hatte er weitgehend unauffällig vollzogen.
In der Branche hingegen wusste man immer, dass mit dem heute 57-jährigen Westfalen zu rechnen ist, der sich während seiner Laufbahn zielstrebig handwerkliche wie wissenschaftliche Kompetenz angeeignet hat. Der gelernte Maschinenbauschlosser arbeitete sich zum Professor für Produktionstechnik an der TU München hoch – trotz des neunjährigen Zwischenspiels bei Gildemeister. 1983 kam er als Produktionsvorstand zu BMW, wo er flexible Arbeitszeitmodelle einführte.
Auch in den vergangenen zwölf Monaten als BMW-Vorstandschef hat er oft die anderen reden lassen, nicht viel preisgegeben von seiner Firmenpolitik. Noch vor zwei Wochen hatte er auf Nachfragen zu Rover erklärt: „Wir bekommen das Problem in den Griff.“ Da waren die Kontakte zu Alchemy schon Monate alt.
BEATE WILLMS
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