Allianz der Rechten

Berlusconi kooperiert bei Wahlen mit Faschisten

ROM taz ■ Sichtlich ergriffen war Silvio Berlusconi, als er auf seiner Israelreise letzte Woche die Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem besuchte; vor laufenden Fernsehkameras sprach er vom Holocaust als „größter Tragödie der Menschheit“. Doch lange hielt die Ergriffenheit nicht vor. Als am Samstag die Parteilisten für die Regionalwahlen am 16. April eingereicht waren, stand es fest: Berlusconis Mitte-rechts-Block tritt in gleich vier süditalienischen Regionen – Kampanien, Kalabrien, Basilikata, Abruzzen – im Bündnis mit dem faschistischen Movimento Sociale an. Die Splitterpartei war 1994 gegründet worden, als das Gros der Neofaschisten unter Gianfranco Fini der Vergangenheit abschwor, sich als „Alleanza Nazionale“ neu konstituierte und mit Berlusconi den Pol der Freiheit ins Leben rief.

So bedeutungslos die Einprozentpartei ist, so ausschlaggebend können gerade im Süden ihre Stimmen bei der Direktwahl der Regionspräsidenten sein: Dort ist die extreme Rechte für drei bis vier Prozent gut. Vor diesem Hintergrund entfaltete sich in den letzten Wochen ein bizarres Spiel. Ein ums andere Mal erklärten Berlusconi und Fini, es gebe „keinerlei Verhandlungen“ mit dem Movimento Sociale, und ein ums andre Mal dementierte deren Chef Pino Rauti diese Dementis. Noch am Freitag verlautete Berlusconi: „Dank meiner Intervention gibt es keine Pakte mit der extremen Rechten.“

Jetzt ist der Regionalwahl-Pakt offiziell, doch Mitte-rechts dementiert fröhlich weiter. Rein „spontane Konvergenzen“ seien das, teilt Berlusconis Forza Italia mit, nie habe es „Verhandlungen oder auch nur die Versuchung gegeben, ein Wahlbündnis zu schließen“, und der Parteichef legt nach: „Forza Italia war immer schon gegen jegliches Abdriften in Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus.“ Gianfranco Fini dagegen gestand die Absprachen mit der faschistischen Partei ein, redete sie aber zu „rein technischen Konvergenzen ohne jede politische oder strategische Relevanz“ und ohne Gegenleistung herunter.

Im Alltag sind die Berührungsängste allerdings manchmal geringer als in den Pressemitteilungen: Im abruzzischen Städtchen Chieti rufen Forza Italia und Alleanza Nazionale zur Wiederwahl eines faschistischen Bürgermeisters auf, der demnächst wegen Volksverhetzung vor Gericht steht. Der Mann hatte den Deutschen als Fehler vorgerechnet, dass sie nicht alle Juden ausgerottet haben. MICHAEL BRAUN