Die zwei Gesichter des Otto Sauter

■ Geld und Musik II: Weder die künstlerische, noch die finanzielle Situation der Trompeten-akademie und der Internationalen Trompetentage ist so, wie ihr Leiter sie nach außen verkauft

Was wäre Bremen ohne Otto? Diese Frage stellte man sich zu Zeiten, als Otto Rehhagel den SV Werder von Erfolg zu Erfolg führte. Seit dem Weggang des Meistermachers weiß man: Ohne König Otto ist Bremen ziemlich verloren.

Was wäre Bremen ohne Otto Sauter? Der Bremer Trompetenkönig sorgt seit zehn Jahren für Musik auf höchstem Niveau in Bremen. Sein alljährlich stattfindendes Festival, die „Internationalen Trompetentage Bremen“ sind stets volle Erfolge. Und der Talentschuppen Trompetenakademie Werder (TAW) ist die beste Ausbildungsstätte für Trompeter in ganz Deutschland. Zumindest behauptet das Otto Sauter, wo er nur kann. So auch auf der Pressekonferenz zu den diesjährigen Trompetentagen, die vom 25. bis 30. April stattfinden werden.

Doch Sauters Darstellungen stimmen bereits seit Jahren nicht mehr mit der Wirklichkeit überein. Schon die hochtrabenden Ankündigungen der Trompetentage zeigen, dass da etwas nicht stimmen kann: 500 Musiker werden laut Pressemitteilung erwartet. 250 Instrumentalisten heißt es im allerorts ausliegenden Flyer. Auf 150 bis 200 Teilnehmer wurde die Zahl bei der Pressekonferenz eingeschätzt. Offensichtlich hofft der Veranstalter, dass niemand die letztjährige Teilnehmerzahl errechnet hat: Es waren weit unter hundert.

Wie jedes Jahr, so gibt Sauter auch dieses Mal wieder die Versicherung ab, die Finanzen der Trompetentage seien wohl kalkuliert. Über die Einschätzung, dass ein alternder Jazztrompeter wie Maynard Ferguson, der vor zwei Jahren in einer nahezu völlig leeren Glocke gastierte, dieses Jahr für Besucherrekorde sorgen könne, darf man sich zumindest wundern. Glaubt man Sauter, sind aber Befürchtungen, die Zuwendungen der Stadt würden als Ausfallbürgschaft missbraucht, unangebracht.

Überhaupt sei die Trompetenakademie finanziell wohlauf, so dass man sich sogar einen Umzug in das neue Gebäude der Stresemannstr. 54 leisten konnte. Die bisherige Unterkunft im Lichthaus am Rande des ehemaligen AG-Weser-Geländes genügte laut Sauter einfach nicht mehr den Ansprüchen der TAW: „Da war einfach zu viel Baulärm und Schmutz“. Die „Bremische“ (Gesellschaft für Stadtentwicklung), damaliger Vermieter des Lichthauses, hat da einen ganz anderen Vorgang in Erinnerung: Sauter konnte seinerzeit schlichtweg nicht mehr die Miete, geschweige denn die Nebenkosten bezahlen. Und davon, dass sich seitdem die finanzielle Lage gebessert haben könnte, ist nicht auszugehen. Die Rechnung für die Organisation eines von Sauter kurzfris-tig abgesagten Chorkonzerts letztes Jahr ist trotz mehrfacher Ermahnungen noch heute nicht beglichen.

Dafür aber läuft es ja wenigstens in künstlerischer Hinsicht. Oder doch nicht? Auf Nachfrage muss Sauter mit der derzeitigen Aufnahmepraxis junger Trompetertalente herausrücken: Seit 1994 wurde keine einzige Aufnahmeprüfung mehr ausgeschrieben, neue Studenten werden seitdem von den Lehrern „ausgesucht“ und zu einem Vorspiel gebeten. Grund: Der große Erfolg der Akademie. Weil so viele Schüler Jahr für Jahr Stellen in europäischen Spitzenorchestern erhalten, sei eine regelmäßige Aufnahmeprüfung zu aufwendig(!). Aus informierten Kreisen jedoch ist schon seit geraumer Zeit zu hören, dass es schlicht keine Interessenten mehr für die Akademie gibt. Die Dozenten, von denen die bes-ten längst der Akademie den Rücken gekehrt haben, müssen sich bemühen, eigenen Schülern den Wechsel in die Institution schmackhaft zu machen. Aber warum? Schließlich stellt die Akademie doch die ideale Alternative zum Ausbildungssystem der deutschen Musikhochschulen dar. Dieses nämlich, so Otto Sauter, ist „bankrott“!

Das sehen allerdings anerkannte deutsche Musiker außerhalb Bremens wie der Solo-Trompeter der Deutschen Oper Berlin, Uwe Köller, ganz anders: Von einer Bankrotterklärung der deutschen Hochschulen könne keine Rede sein. Sicherlich könne man manches verbessern. Doch wenn Sauter seine Akademie als Alternative hinstelle, sei das „völlig unangebracht“. Die Einrichtung könne allenfalls als ein zusätzliches Angebot für Trompetenstudenten gesehen werden. Eine Hochschulausbildung könne sie jedoch nicht ersetzen. Auch Sauters Darstellung, junge Trompeter aus Deutschland hätten in internationalen Wettbewerben keine Chance mehr, findet Köller „nicht richtig“. Die Erfolge junger Trompeter wie Wolfgang Bauer oder Veit Mertens bestätigten das Gegenteil. Sauters Werben für die eigene Schule auf Kosten anderer gefällt Köller gar nicht; „Ich, als Hochschullehrer mache ihn ja auch nicht schlecht“. Dabei ist Köller nicht einmal ein Gegner der Institution. Die Idee einer Akademie und Sauters Engagement bezeichnet er als durchaus sinnvoll.

Ähnliches ist von dem stellvertretenden ersten Trompeter des zweiten großen Opernhauses in Berlin zu vernehmen: Christian Batzdorf von der Staatsoper unter den Linden. Ebenfalls Sauters Idee an sich nicht abgeneigt, stellt Batzdorf fest, dass die Bremer Akademie keinesfalls einem Vergleich mit Institutionen wie der Berliner Karajan-Akademie standhalten könne. Den von Sauter propagierten großen überregionalen Ruf habe sich die Akademie bislang nicht erarbeiten können. Das liege unter anderem an „fehlender Kontinuität“ in der künstlerischen Arbeit. Warum aber gelingt es Sauter dann in Bremen, seine Position als zweiter „König Otto“ zu halten? „Kein Zweifel“, sagt Batzdorf, „er ist ein guter Selbstdarsteller“. Johannes Bruggaier

Die Trompetentage finden vom 25. bis 30. April statt. Mehr Infos unter 61 12 23