Stochern im senatorischen Kaffeesatz

■ Die Kulturinitiative Anstoß mutmaßt öffentlichkeitswirksam, die Kulturbehörde plane bereits die Streichung der Zuschüsse für vier Kultureinrichtungen der freien Szene

Momentan sind es nur Gerüchte. Aber doch solche, die – bezeichnend für das angespannte Klima zwischen Kulturszene und Kulturbehörde – für realistisch gehalten werden. Demnach erarbeitet die Kulturbehörde nach Angaben der Kulturinitiative „Anstoß“ zurzeit eine Senatsvorlage, in der vier Einrichtungen der freien Szene benannt werden, die in Zukunft keine Förderung mehr erhalten sollen. Um wen es sich handelt, wollte die Initiative auf ihrer gestrigen Pressekonferenz nicht sagen. Aber niemand würde sich wundern, wenn sich auf dieser ominösen Liste zwei soziokulturelle Einrichtungen sowie ein Theater und ein Musikprojekt wiederfänden – wenn es sie denn tatsächlich gäbe.

Denn die Indizienlage ist gerüchtetypisch dünn: In einem Schreiben an die Kulturinitiative hat nach Angaben von Anstoß-Mitbegründerin Katrin Rabus Kultursenator Bernt Schulte (CDU) vieldeutig orakelt, auch die Kulturszene müsse bereit sein, Opfer zu bringen. Und auf Nachfrage, ob eine solche Liste in Arbeit sei, habe Kulturamtsleiter Reinhard Strömer das nicht postwendend dementiert. Aber eben auch nicht bestätigt. Doch das Publikmachen von Gerüchten genügt momentan schon, um den Erregungsgrad in der Kulturszene hoch zu halten.

Wie dem auch sei: Fest steht, eine solche „Abschussliste“ hätte eh nur symbolische Bedeutung. Denn die Zuschüsse für die freie Szene liegen durchweg so niedrig, dass die Streichung von gerade mal vier Empfängern keine relevanten Auswirkungen auf den Umfang des zehn Millionen Mark großen Lochs hätte, mit dem sich Schulte in seinem Etat herumschlagen muss. Nur als Signal an die anderen Ressorts – gemäß dem Motto: „Seht her, auch wir sind bereit, unsere Klientel zu schröpfen!“ – würde eine solche Liste allenfalls „Sinn“ machen. Denn allein die Bereitschaft seiner Partei- und Amtskollegen Hartmut Perschau (Finanz) und Josef Hattig (Wirtschaft), Geld aus ihren Etats in den Kultursektor umzuleiten, könnte Schulte wirklich aus dem Schlamassel retten.

Doch auch eine solche symbolische Politik hätte, würde Schulte sie denn wirklich verfolgen, ihren Preis: Sollten Einrichtungen schließen müssen, würde die Kulturszene die geplanten Kulturentwicklungsgespräche boykottieren, drohte Rabus schon vorab. Einen Opfergang mit Zustimmung der Szene werde es definitiv nicht geben, zumal die Kulturbehörde wegen ihres undurchsichtigen Vorgehens jeden Vertrauensvorschuss in die womöglich guten Absichten ihrer Planungen verspielt habe.

Abseits von diesen Schattengefechten konnte Rabus aber auch von Fortschritten im Bemühen um den Erhalt der Bremer Kulturlandschaft berichten. Sowohl die SPD-Fraktion als auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Jens Eckhoff hätten signalisiert, dass der Senat eine Anhebung des Kulturetats plane. Anfang der Woche habe sich zudem die gesamte SPD-Fraktion – ein bis dato nie dagewesener Vorgang – der versammelten Kulturszene gestellt und sich deren Sorgen und Nöte erläutern lassen. Und spätestens von der Anstoß-Veranstaltung in der nächsten Woche erwartet sich Rabus neue Impulse für die Bremer Kulturdebatte. Dann nämlich werden in der Oberen Rathaushalle der Präsident der Bundesarchitektenkammer, Peter Conradi, sowie der Präses der Bremer Handelskammer, Bernd Hockemeyer, Vorträge halten zum Thema "Kultur und die Zukunft unserer Stadt“. Beide haben in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass sie der Kultur für die Entwicklung eines Gemeinwesens einen Stellenwert einräumen, der deutlich über dem liegt, was der Bremer Senat bislang für angemessen erachtet. zott

Die Anstoß-Veranstaltung findet am 29. März um 18 Uhr in der Oberen Rathaushalle statt