: Große Wirkung, geringe Mittel
Maria Krautzberger, Staatssekretärin für Verkehr, über die Pläne zum Ausbau des Fahrradverkehrs in Berlin:Mehr Mitsprache, mehr Fahrradstraßen, mehr Sicherheit. Die Kombination Rad/Bahn sei bereits vorbildlich
von MARTIN KALUZA
taz: Vor der letzten Wahl warf die SPD der CDU und dem damaligen Verkehrssenator Klemann vor, sie hätten sich nicht an die verkehrspolitischen Ziele aus dem Koalitionsvertrag gehalten. Kommt jetzt ein verkehrspolitischer Wechsel?
Maria Krautzberger: Ja. Wir sind mit mehr Nachdruck als bisher dabei, den ÖPNV zu beschleunigen. Einen verkehrspolitischen Wechsel wird es auch in unserem Verhältnis zur Bürgerbeteiligung, zu den Bürgerinitiativen und Fahrgastverbänden geben.
Welchen Stellenwert erhält nun die Förderung des Fahrradverkehrs?
Weil wir Verkehrs- und Umweltpolitik als eine Einheit behandeln, hat der Fahrradverkehr für uns einen besonders hohen Stellenwert. Im Verhältnis zu anderen Verkehrsmitteln sind Investitionen in die Fahrradinfrastruktur kostengünstig. Mit der Förderung des Fahrradverkehrs können wir mit relativ geringem Einsatz finanzieller Mittel große umweltpolitische Wirkungen erzielen. Künftig soll ein Fahrradbeauftragter als Anlaufstelle für die Anregungen von Bürgern und verkehrsökologischen Gruppen sowie als Koordinator und Moderator zwischen den verschiedenen Akteuren fungieren und die Umsetzung besser überwachen. Für die Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs wurde ein eigener Haushaltstitel geschaffen.
In Berlin hat der Fahrradverkehr mit 6 Prozent einen geringen Anteil. Bevor Sie nach Berlin berufen wurden, haben Sie in westdeutschen Städten gearbeitet und können vergleichen. Wird Fahrradverkehr dort anders geplant als hier?
Durch die genannten Fördermaßnahmen wollen wir den Anteil des Fahrradverkehrs in Berlin erheblich steigern. Wir werden aber nicht die Anteile wie in Münster oder Groningen – von 20 bis 30 Prozent – erreichen können. Man darf nicht vergessen, dass im Gegensatz zu solchen kleineren Städten viele Berliner innerhalb der Stadt sehr große Entfernungen auf ihrem Weg zur Arbeit überwinden müssen. Dennoch gibt es viele Wege im täglichen Leben der Berliner, die auch sehr gut mit dem Fahrrad zu bewältigen sind.
Es gibt seit kurzem auch Beispiele, wo Berlin gegenüber anderen Städten Vorbildliches bieten kann: bei der Kombinationsmöglichkeit von Fahrrad/Bahn im Ausflugsverkehr etwa. Berlin und Brandenburg haben in Zusammenarbeit mit der Bahn und dem ADFC erreicht, dass die von Berlin aus ins Umland verkehrenden Regionalzüge über große Kapazitäten für die Fahrradmitnahme verfügen.
Was wird sich für Fahrradfah- rer bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode denn alles ändern?
Die im Fahrradroutennetz enthaltenen Strecken kennzeichnen die besonders sicheren und attraktiven Verbindungen für die Radfahrer. In den Jahren 2000/2001 werden weitere rund 120 Kilometer hergerichtet. Darüber hinaus wird die Realisierung des insgesamt 350 Kilometer langen Fahrradrouten-Hauptnetzes, das durch ein etwa 310 Kilometer langes Nebenroutennetz ergänzt werden soll, weiterverfolgt. Das Angebot an Fahrradabstellplätzen soll erweitert werden. Unfallschwerpunkte sollen durch Fahrradstraßen und bessere Signalsteuerungen entschärft werden. Wichtig sind auch Sichtverbesserungen für Radfahrer an Kreuzungen und Einmündungen, Ausrüstung von Lkws mit asphärischen „Radfahrspiegeln“; Einsatz des „Trixispiegels“ an neuralgischen Knotenpunkten.
Sind die Weichen dafür schon gestellt, ist das Geld verfügbar?
Für die Finanzierung des mittelfristigen Fahrradroutennetzes, für das insgesamt rund 17,5 Millionen Mark benötigt werden, sind für das Jahr 2000 zunächst 3 Millionen Mark vorgesehen. Der Haushalt für das Jahr 2000 ist bisher zwar noch nicht vom Abgeordnetenhaus beschlossen worden, aber man kann zurzeit trotz allem davon ausgehen, dass diese Mittel tatsächlich zur Verfügung stehen werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen