Ruandas „starker Mann“ gestärkt

Paul Kagame, Vizepräsident und Militärführer von Ruanda, erscheint als Gewinner der politischen Krise, die mit dem Rücktritt von Staatspräsident Bizimungu ihren Höhepunkt erreicht hat. Alle potentiellen Rivalen sind jetzt marginalisiert

aus Kampala LEVI OCHIENG

Nach dem Rücktritt von Ruandas Präsident Pasteur Bizimungu am Donnerstag drohen die Spannungen im Land zu eskalieren. Bizimungu war ein Hutu, aber Mitgründer der regierenden Tutsi-dominierten „Ruandischen Patriotischen Front“ (RPF). Gut informierte Kreise sagen, dass er tief frustriert war über seine Rolle als nomineller Staatschef in einem System, wo die wirkliche Macht bei Paul Kagame liegt, Vizepräsident und Verteidigungsminister sowie RPF-Vorsitzender.

Während einer frostigen Sitzung des RPF-Politbüros am 18. März hatten einige Tutsi-Führungsmitglieder Bizimungu scharf kritisiert. Dieser drohte daraufhin mit seinem Rücktritt. Bei der Vereidigung des neuen ruandischen Kabinetts am 20. März sagte er dann, die in den letzten Monaten vom Parlament und von Vizepräsident Kagame geführten Antikorruptionskampagnen beträfen hauptsächlich Hutu-Minister und ließen mächtige Tutsi-Politiker ungeschoren. Tatsächlich haben vor allem Hutu-Regierungsmitglieder abtreten müssen. Der Letzte war Ende Februar Premierminister Pierre-Celestin Rwigyema, der im März von Bernard Makuza ersetzt wurde. Nach ruandischem Gesetz übernimmt jetzt Parlamentssprecher Vincent Biruta kommissarisch den Posten des Staatschefs. Biruta hatte im Januar die Nachfolge von Joseph Sebarenzi angetreten, der nach massiver Kritik aus der RPF an seiner Korruptionsbekämpfung zurücktreten musste und ins Ausland floh.

So haben in kürzester Zeit alle wichtigen Amtsträger Ruandas ihre Ämter verloren – außer Kagame. Die RPF wird nun in den nächsten drei Wochen den nächsten Präsidenten bestimmen.

Es gibt keine richtigen Regeln für die Bestimmung eines Präsidenten in Ruanda. Ruandas politisches System hat drei Säulen: Die Verfassung aus dem Jahre 1991; die Grundsätze der RPF von 1994; und das Arusha-Friedensabkommen von 1993, das die damals noch als Rebellenbewegung kämpfende RPF mit der damaligen Hutu-Regierung schloss. Das Arusha-Abkommen sieht eine Machtteilung zwischen allen politischen Gruppen Ruandas vor. Radikale Hutu-Politiker akzeptierten das damals nicht und organisierten stattdessen im Frühjahr 1994 den Genozid an den Tutsi. Als die RPF im Sommer 1994 die Macht übernahm, verkündete sie die Rückkehr zu den Arusha-Bestimmungen und schloss lediglich die für den Völkermord verantwortlichen Gruppen aus. So stellt die RPF den Präsidenten und die Hutu-Oppositionspartei MDR („Demokratische Republikanische Bewegung“) den Premierminister. Sitze in Regierung und Parlament sind nach einem festen Schlüssel unter den Parteien aufgeteilt.

Ein Grund für Bizimungus Rücktritt war, dass diese Bestimmungen bei der Bildung des am 20. März vorgestellten neuen Kabinetts verletzt wurden. Während früher die RPF und die MDR jeweils fünf Posten bekamen, hat die RPF jetzt zehn und die MDR nur noch zwei. Außerdem wurde der Posten des Außenministers mit Andrew Bumaya von der bisher nicht berücksichtigten „Demokratischen Islamischen Partei“ besetzt. Kritiker sehen diese als „Verbreiterung“ bezeichneten Veränderungen als Versuche der RPF-Führung, andere Parteien zu marginalisieren.

Ein anderer Streitpunkt war, dass alle sieben Minister, die seit 1994 im Kabinett gesessen hatten, jetzt entlassen worden sind. Zu ihnen gehört der Staatsminister im Präsidialamt, RPF-Mitgründer Patrick Mazimphaka. Es heißt, dass Staatschef Bizimungu sich geweigert habe, die neue Ministerliste zu akzeptieren, wenn Mazimphaka nicht draufstünde. Bizimungu und Mazimphaka sind enge Verbündete, was Teile der RPF-Führung missbilligen. Denn sie sind Zivilisten und damit für die Bevölkerung eventuell sympathischer als RPF-Chef Kagame, ein gelernter Soldat.

In Ruandas Hauptstadt Kigali wird davon ausgegangen, dass Kagame 2003 bei den Präsidentschaftswahlen für die RPF antreten wird. Seine Gegner werden argumentieren, die Wahl Kagames bedeute die Institutionalisierung eines Militärregimes. Selbst Kagames enge Berater gestehen, wie schwer es ist, den Eindruck zu verändern, dass Kagame Militär ist und dass Ruanda in der Region eine militaristische Rolle spielt.