Arbeit aus Protest: Eltern putzen Schule

■ Reinigungskräfte für die Karl-Lerbs-Straße existieren – auf dem Papier / „Dreckszustände“

Rund 30 Eltern nahmen am vergangenen Samstag an der Grundschule in der Karl-Lerbs-Straße die Sache, genauer gesagt: Eimer und Feudel selbst in die Hand. Zu einem „Elternputztag“ hatte der Elternbeirat aufgerufen, um die Schule einmal so richtig von oben bis unten zu reinigen. Denn das passiert an der Karl-Lerbs-Straße schon seit knapp zwei Jahren nicht mehr. „Vor einiger Zeit haben sogar der Hausmeister und seine Frau geputzt, weil sie den Zustand nicht mehr mitansehen konnten“, berichtet die Schulleiterin Elke Jorek.

Die „verlässliche“ Grundschule ist nicht automatisch auch eine saubere Grundschule. Verdreckte Heizkörper und Fensterrahmen, dicke Staubflocken in den Gardinen, Schmutz unter Tischen und Stühlen. Die Eltern finden die Situation untragbar. „Meine Tochter hat eine Staub-Allergie und ist in der Schule häufig verschnupft“, kritisiert eine Mutter die mangelnde Sauberkeit. Zwar werden die sanitären Anlagen regelmäßig gereinigt, doch das reiche einfach nicht aus, betont Jorek.

Die Bildungsbehörde weiß um die Putzmisere an den Bremer Schulen. Im Dezember 1999 hatten die Eltern der Karl-Lerbs-Straße einen ausführlichen Beschwerdebrief an den Senator für Bildung, Willi Lemke (SPD), geschrieben. Eine Antwort erhielten sie nicht, sagt Axel Bauer, Mitglied im Elternbeirat. Ein zweiter Brief wurde nun Anfang März verschickt. In diesem wiesen Mütter und Väter erneut darauf hin, dass mehrere der dieser Schule zugeteilten Reinigungskräfte aufgrund von Arbeitsunfähigkeit ihre Aufgabe nicht wahrnehmen können – im Grunde also nur auf dem Papier existieren.

Eine der beim Bildungsressort angestellten Reinigungskräfte ist sogar bereits seit Juli 1999 dauerkrank. Eine Vertretung gab es nicht. „Ich habe eine amtsärztliche Untersuchung beim Personalrat beantragt, die wurde jedoch nicht genehmigt“, kommentiert Jorek diesen „Spezialfall“.

Offiziell stehen der Grundschule an der Karl-Lerbs-Straße 128,5 Reinigungsstunden pro Woche zu. Dieses Soll wurde in den vergangenen zwei Jahren kaum erreicht. Das Ergebnis ist eine in den Augen der Eltern und LehrerInnen katasrophal verdreckte Schule. Und hierbei handelt es sich um keinen Einzelfall. „Ich weiß, dass andere Schulen ähnliche Probleme haben“, sagt die Schulleiterin. Vor zwei Jahren hatte Jorek beim Senator für Bildung einen Antrag gestellt, den Putzdienst einer privaten Firma zu übergeben. Der wurde jedoch abgelehnt.

Immerhin hat die Bildungsbehörde in der vergangenen Woche endlich reagiert. Eine tatsächlich erscheinende Reinigungskraft putzt nun zusätzlich 20 Stunden pro Woche. Außerdem wurde der Schule ad hoc eine bis zum 5. April befristete Putzstelle mit 18,5 Stunden pro Woche bewilligt. Von ihrer Protestaktion konnte dieses Entgegenkommen der Behörde die erbosten Eltern allerdings nicht mehr abbringen. „Erst wenn sichergestellt ist, dass die 128,5 Stunden in vollem Umfang auf lange Sicht erbracht werden, sind wir zufrieden“, fasst Bauer die Forderung des Elternbeirats zusammen.

Eine Reihe von Eltern stand der ganzen Aktion auch kritisch gegenüber. Sie wollten die Untätigkeit der Bildungsbehörde nicht noch durch Eigeninitiative stützen. Willi Lemke war im übrigen zum Putzen eingeladen – er war allerdings in der Zeit beim SPD-Parteitag und erklärte, wenn SchülerInnen motiviert würden, ihre Schule selbst sauberzuhalten , wäre das aus pädagogischen Gründen sehr gut.

Tanja Vogt