press-schlag
: Rotationsprobleme. Oder: Von der ergiebigen Faulheit des Kolumnenschreibers

AUCH OHNE BADEN-BADEN GEHT BADEN BADEN

Eigentlich bin ich zu faul, hier über volle 88 Zeilen zu gehen. Doch in der Redaktionsstube findet sich kein Ottmar Hitzfeld, der mich vom Computer wegrotiert, um dem Tastaturtreter eine anstrengende englische Woche zu ersparen. Wenn ich englische Woche schon höre von einem dieser Fußball-Jammerlappen! Klagt unsereiner denn, wenn er nicht dreimal an acht Tagen, sondern täglich über 88 Zeilen gehen muss?

Ganz abgesehen von der psychischen Belastung, der man daheim ausgesetzt ist, bei der Heimatzeitung im Regionalsport: „Wie das Verlangen nach Sex einer liebeshungrigen Nymphomanien“, ließ ein Hobbyschreiber den Buchstaben wie seinen Gedanken freien Lauf, „so stimmulierend wirkte der Lockruf des Nürburgringes nach Racing auf die schnellen Gaspedaltreter nach der wintermonatlichen Rennabstinenz“. Erschütternd.

Zurück zu den Profis: Gefruchtet hat das Rotationsprinzip kaum. Das Münchner A-Team, wie es gerne genannt wird, musste sich trotz der neun frischen Spieler nach dem B-Match in Kiew mit einem 2:2 begnügen. Richtig in Schwung kamen die Bayern gegen Lautern bezeichnenderweise erst, als der Ukraine-Ausflug-Geschädigte Santa Cruz ins Spiel kam.

Und dann die Hertha! Ja, ja, in Berlin fällt alles ein bisschen kleiner aus als in München, selbst das Rotationsprinzip. Tatsächlich fünf Kicker mussten sich den Doppel-Stress aus League und Liga antun. Das konnte nicht gut gehen, selbst bei den heimschwachen Schwaben nicht. Da hätte mal besser Herr Preetz schon unter der Woche mitgewirkt, um im bedeutungslosen Match gegen die Portugiesen vielleicht seine Elfmeterkünste trainieren zu können.

Ganz verdammt sei das Rotationsprinzip jedoch nicht. Ohne dieses hätten die neun geschonten Bayern-Kicker kaum genügend Puste besessen, um die Fan nach dem Abpfiff mit allerlei Späßen zu unterhalten. „Wir hatten gehofft, dass Freiburg in Leverkusen 9:1 gewinnt. Sie haben es nicht geschafft, schade!“, ulkte Stefan Effenberg komikös. Das 1:1 rettete den Bayern die Tabellenführung, den Freiburgern freilich hilft der Zähler wenig im Abstiegskampf. Frankfurt sitzt den wackeren Breisgauern weiter im Genick.

Durchaus denkbar, dass der SC im allgemeinen Sog im Süden Deutschlands mit nach unten gerissen wird. Eine ganze Region steigt dort ab: Hand und Fuß hat in Baden gar nichts mehr, nur Pech klebt dran. Im Handball erwischt es in der dortigen 1. Liga Willstätt und Schutterwald, in Fußball-Liga 2 den Karlsruher SC. Da tät Freiburg gut passen.

So, fast 88 Zeilen sind vorbei. Schreibbereitschaft fehlt weiterhin. Also rotiere ich mich jetzt weg. HARTMUT METZ