verfassungsschutz
: NICHT AUFLÖSEN!

Wer die Auflösung der Staatssicherheit fordert, darf von der SED nicht schweigen, hieß es zu Recht in der DDR. Warum sollte diese Erkenntnis nicht auch für den Geheimdienst eines westlichen Bundeslandes gelten?

Die Grünen werden nun vermutlich erneut – und mit guten Gründen – für die Auflösung des Landesamtes für Verfassungsschutz plädieren. Zu oft hat das Amt versagt, zu oft politische Skandale produziert. Doch mit der Forderung nach Auflösung dringen die Gegner des Amtes nicht zum Kern des Problems vor.

Das wiederholte Versagen des Amtes, etwa bei der Besetzung des Israelischen Generalkonsulats (als die Behörden einen V-Mann bei dem entscheidenden Treffen der Kurden einsetzten, dieser aber die entscheidenden Passagen nicht berichten konnte) oder in der Dreksler-Affäre (als der Polizeidirektor unter tatkräftiger Hilfe des Amtes zu Unrecht der Scientology-Mitgliedschaft verdächtigt wurde), ist eine Frage des Führungspersonals, nicht des Amts an sich.

Wie der Innensenator bereits angekündigt hat, hat er vor, einen radikalen Personalwechsel im Amt zu vollziehen. Die politische Ausrichtung des Verfassungsschutzes allerdings ist nicht etwas, was in den Führungsetagen des LfV beschlossen wird, sondern in der Innenverwaltung: die Gewichtung in der Beobachtung von Rechtsextremisten, nichtdeutschem Extremismus und der autonomen Szene etwa; das ist eine Frage, die politisch entschieden wird.

Auch der Einsatz eines ehemaligen Stasi-Mitarbeiters im Dienst des LfV ist mit Sicherheit kein Alleingang des Verfassungsschutzes.

Explizit war der Einsatz von Informanten der Staatssicherheit im Parlament erfragt worden, mehrfach. Und mehrfach kam die Auskunft: Keine Zusammenarbeit mehr. Solchermaßen gebrieft kann es nicht sein, dass der Innensenator erst jetzt in den Fall involviert wurde, wie der Innensenator den Eindruck erzeugen will. Auch hier eine politische Entscheidung.

Nein, die Abschaffung des Amtes löst das Problem nicht. Auch in Zukunft muss man sich mit geheimdienstlicher Tätigkeit politisch und ebenso mit der Leitlinie des Innensenators auseinandersetzen. BARBARA JUNGE

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