Daimler kauft Japans Ältesten

34 Prozent an Mitsubishi Motors gehen für schlappe vier Milliarden Mark nach Stuttgart. Damit bleiben nur noch zwei unabhängige Autokonzerne in Japan. DaimlerChrysler-Chef Schrempp sieht sich nun optimal positioniert

von REINER METZGER

Nach langen Verhandlungen und Spekulationen wurde gestern die Einigung verkündet: DaimlerChrysler kauft sich mit 34 Prozent beim gebeutelten japanischen Autokonzern Mitsubishi ein. Nach dem japanischen Aktienrecht sind 34 Prozent die Schwelle, die den Stuttgartern ein Vetorecht bei allen wichtigen Entscheidungen einräumt. Mit 2,1 Milliarden Euro war der Preis dafür relativ bescheiden.

Mitsubishi hat, wie die meisten japanischen Autobauer, in den vergangenen Jahren massive Verluste eingefahren. Angesichts der desolaten Lage werden die Daimler-Leute also mehr zu sagen haben, als die 34 Prozent auf den ersten Blick vermuten lassen.

Renault war beispielsweise im vergangenen Jahr mit 36,8 Prozent bei Nissan eingestiegen. Sie setzten einen ihrer Vorstände, den Kostenkontrolleur Carlos Ghosn, zunächst in die Konzernzentrale in Japan. Mitte März wurde er zum kommenden Konzernpräsidenten ausgerufen.

Mit Mitsubishi verliert der älteste Autobauer Japans seine Eigenständigkeit. Laut Firmenangaben baute der Konzern 1917 mit dem Modell A das erste Serienfahrzeug des Landes – wegen der damals schlechten Infrastruktur und Kaufkraft wurden jedoch nur 20 Stück verkauft. Das riesige Kriegskonglomerat Mitsubishi wurde nach dem Krieg von den US-Amerikanern aufgeteilt. Die einzelnen Teile blieben jedoch eng miteinander verflochten. Derzeit verkauft Mitsubishi Motors gut eine Million Fahrzeuge pro Jahr und ist damit Nummer vier im Land.

Von der einst gefürchteten Autosupermacht Japan haben sich nur noch Toyota und Honda die Eigenständigkeit bewahrt. Mazda gehört zu Ford, und GM hat sich in Isuzu, Suzuki und Subaru eingekauft.

Offiziell unterschrieben Daimler-Vorstand Jürgen Schrempp und Mitsubishi-Chef Katsuhiko Kawasoe nur eine „Absichtserklärung über die Gründung einer Allianz“, so gestern der Daimler-Konzern. „Die Allianz umfasst Design, Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Personenwagen und leichten Nutzfahrzeugen.“ Die detaillierten Verträge werden in den kommenden Monaten ausgehandelt.

Der neue kombinierte Konzern wäre mit 5,9 Millionen verkauften Fahrzeugen 1999 die Nummer drei weltweit – hinter General Motors (8,7 Millionen inklusive Saab) und Ford (7,2 inklusive Volvo). VW und Toyota würden mit 4,9 bzw. 4,7 Millionen verkauften Fahrzeugen auf die Plätze verwiesen.

Wichtiger als die schiere Stückzahl ist laut Schrempp aber die Strategie: Er kündigte schon länger an, dass er „mittelfristig“ 25 Prozent des Umsatzes in Asien machen will. Neben der Spitzenstellung in Europa und den USA bei Luxus- und Freizeitvehikeln käme nun ein starkes Standbein in Asien hinzu. Schrempp zur Konkurrenz: „Von der Positionierung stehen wir am Besten da.“

Außerdem ist Mitsubishi stark im Kleinwagensektor vertreten, der Schwäche von DaimlerChrysler, wichtig auch für den Verkauf in Lateinamerika und Osteuropa. Mit den Kleinmotoren der Japaner und ihrem Know-how soll auch der Smart aufgemöbelt werden. Das bedeutet zugleich das Ende aller Spekulationen über eine Zusammenarbeit mit der französischen Peugeot AG. Die erfolgreichen Franzosen waren ebenfalls als Partner bei den Kleinwagen im Gespräch.

kommentar seite 11