Träumer vom besseren Leben gesucht

Hamburgs Auswandererlisten werden für Nachkommen ins Netz gestellt  ■ Von Peter Ahrens

Friedrich Hillmann packte 1891 in seinem pommerschen Dorf Maxfeld die Koffer und fuhr nach Hamburg. Am Sandtorkai stieg der 24-Jährige aufs Schiff und verabschiedete sich von Europa, von einem Leben randvoll mit Armut und ohne die Aussicht, dass sich das jemals ändern könnte. Amerika sollte es stattdessen bringen, das bessere Leben. Ob die Hoffnung irgendwann in Erfüllung gegangen ist – das verrät das Internet nicht. Den Nachkommen, die jetzt vielleicht Hillman heißen, können aber über den neuen Suchservice des Hamburger Staatsarchives zumindest herausfinden, woher ihr Ur-Großvater kommt. Die Hamburger Auswandererlisten werden in den kommenden vier Jahren nach und nach komplett ins Netz gestellt.

„Hamburg verfügt über einen einmaligen Schatz in Europa“, sagt der Senator für Stadtentwicklung, Willfried Maier (GAL), bei der gestrigen Vorstellung dazu. Keine andere Hafenstadt hat die Auswanderer, die zwischen 1850 und 1934 Europa verlassen haben, so lückenlos dokumentiert wie Hamburg: Fünf Millionen Namen vor allem aus Mittel- und Osteuropa mit dem Datum ihrer Abreise und ihrer Herkunft. Und vor allem das letztere ist für die Nachfahren aus den USA von Interesse. Denn bei der Ankunft in New York mussten die Einwanderer nur ihren Auswanderer-Hafen angeben und nicht ihren Heimatort. Erst über die Hamburger Statistik können Ahnenforscher herausfinden, woher ihr Vorfahr kommt – und dann dort nach noch lebenden Verwandten suchen.

10.000mal pro Tag ist die Internetseite www.hamburg.de/LinkToYourRoots/welcome.htm seit ihrem Start vor zwei Wochen aufgerufen worden. Nachdem Bürgermeister Ortwin Runde in einem Brief an die amerikanischen Ahnenforschungsverbände auf den neuen Service aufmerksam gemacht hat und seine Stellvertreterin Krista Sager (GAL) das Thema in der Vorwoche vor der polnischen Gemeinde in Chicago angesprochen hat, „sind uns die Computer übergelaufen“, sagt Maier – so sehr, dass der Server erst einmal nachgerüstet werden musste, um den Antrag zu bewältigen. „Ahnenforschung ist in den USA ein ganz heißes Thema“, ist der amerikanische Generalkonsul in Hamburg, Christopher Lynch, überhaupt nicht überrascht von dem Run auf die Homepage.

Bisher sind nur die Namen derer eingespeist, die zwischen 1890 und 1893 ausgewandert sind. Die anderen sollen folgen. Das dauert Jahre, dafür wurden beim Staatsarchiv 25 neue Stellen für behinderte Menschen geschaffen, die sich um die Pflege der digitalen Ahnenforschung kümmern.

Maier erhofft sich von dem Suchservice „in den USA und Kanada auch ein touristisches Interesse für Hamburg zu wecken, in dem die Leute den Auswandererhafen ihrer Vorfahren mal kennenlernen wollen“. Das Wecken scheint auch vonnöten zu sein, denn Lynch sagt: „Hamburg ist in Amerika so gut wie unbekannt. Wir kennen München und Süddeutschland, aber den Norden eigentlich gar nicht.“