Das Grauen vor dem Henker

Amnesty international veröffentlicht einen Bericht über Menschenrechts-verletzungen in Saudi-Arabien: Auspeitschungen, Amputationen, Hinrichtungen

KAIRO taz ■ Köpfe werden mit Schwertern abgeschlagen, Menschen ausgepeitscht oder gesteinigt, verfolgt wegen Hexerei oder „religiöser Korruption“. Das alles ist nicht der Stoff für einen Hollywood-Streifen über das Mittelalter. Es ist die Realität im Saudi-Arabien des 21. Jahrhunderts. Erstmals hat sich jetzt mit amnesty international eine internationale Organisation ausführlich mit den Menschenrechtsverletzungen im saudischen Königreich befasst. Gestern stellte die Organisation ihren Bericht „Saudi-Arabien – das geheime Leiden“ vor.

Danach sind meist Oppositionelle, religiöse Minderheiten und Gastarbeiter aus Entwicklungsländern die Opfer von Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien. Ohne Angabe von Gründen, ohne einen fairen Prozess wurden laut amnesty in den letzten Jahren tausende auf Jahre eingesperrt. Folterpraktiken wie Stockschläge, Elektroschocks oder das Ziehen der Finger- und Fußnägel gehörten zum polizeilichen Untersuchungsrepertoire.

Alkoholkonsum, Unzucht und „religiöse“ Delikte bestrafen Saudi-Arabiens Gerichte laut amnesty mit Auspeitschen. „Die Peitsche war eineinhalb Meter lang, mit einem Bleistück am Ende. Ich wunderte mich, dass ich nach 70 Peitschenschlägen immer noch am Leben war“, beschreibt ein philippinischer Gastarbeiter seine schrecklichen Erfahrungen. Ihm war vorgeworfen worden, in dem islamischen Land das Christentum gepredigt zu haben. 4.000 Peitschenhiebe – jede Woche 25 – war das höchste von amnesty international in Erfahrung gebrachte Strafmaß an einem des Raubes bezichtigten Ägypter.

Dieben werden dem Bericht zufolge Gliedmaßen amputiert. Am schlimmsten sei die „Kreuzamputation“, bei der die rechte Hand und der linke Fuß abgetrennt würden. Amnesty weiß von 90 Amputationsfällen seit 1981. Methoden zur Ausführung der Todesstrafe seien bei Männern Enthauptungen. Frauen würden erschossen, „Ehebrecherinnen“ gesteinigt. Immer häufiger werde die Todesstrafe in letzter Zeit bei Drogendelikten angewandt. Amnesty hat seit 1981 über tausend solcher Hinrichtungen aktenkundig. Der internationalen Gemeinschaft wirft der Bericht vor, das ölreiche Saudi-Arabien im Gegensatz zu Staaten wie Iran und Irak wegen seiner Menschenrechtsverletzungen nicht zu belangen.

KARIM EL-GAWHARY