Tolle Tage für die Alten

Metall-Tarifparteien schufen das Rentenwunder vom Rhein: Die „Rente mit 60“ kommt nicht – und trotzdem darf jeder mit 60 gehen. Altersteilzeit soll’s bringen. Osten fordert das Gleiche

BERLIN taz ■ Die Rente mit 60 ist vom Tisch, und sie ist der IG Metall auch keinen Streik wert. Denn die Rente mit 60 kommt – im Gewand der Altersteilzeit.

Ein überraschend schnelles Ende hat der Streit in der Metall- und Elektroindustrie um höhere Löhne und die Rente mit 60 gefunden. In Nordrhein-Westfalen einigten sich die Tarifparteien gestern morgen in Düsseldorf auf eine moderate Lohnerhöhung und eine neue Altersteilzeitregelung, die fast allen Beschäftigten den Ausstieg mit 60 ermöglicht. Die für heute von der IG Metall geplanten Warnstreiks wurden im Westen der Republik abgesagt.

Der Abschluss in Nordrhein-Westfalen enthält einen neuen Lohntarifvertrag, der bis Ende Februar 2001 läuft, also 24 Monate gültig ist. Die Beschäftigten erhalten ab 1.Mai drei Prozent mehr Lohn, ein Jahr später nochmals 2,1 Prozent mehr. Für den laufenden Monat März und für April werden jeweils 165 Mark mehr gezahlt. Ab Mai 2001 sollen alle Lehrlinge einen Anspruch erhalten, für mindestens zwölf Monate statt wie bisher sechs Monate übernommen zu werden.

Kern der Einigung ist der „Tarifvertrag Beschäftigungsbrücke“. Damit werden die Altersteilzeitregelungen erweitert. Die Beschäftigten erhalten einen Anspruch auf eine bis zu sechsjährige verblockte Altersteilzeit. Dabei gehen sie beispielsweise mit 57 Jahren in die Altersteilzeit, das heißt, sie arbeiten bis zum 60. Lebensjahr voll, nehmen dann drei Jahre frei und gehen mit 63 in Rente. Während der Altersteilzeit subventioniert die Bundesanstalt für Arbeit den Lohn – aber nur, wenn die frei werdende Stelle wieder besetzt wird. IG-Metall-Chef Klaus Zwickel erklärte zu seiner Forderung einer Rente mit 60 für alle: „Sie ist so vom Tisch, wie wir das Ursprungsmodell hatten.“

Gestern zeichnete sich ab, dass der NRW-Abschluss als Pilotabschluss für andere Bezirke gelten wird. Ungeachtet der Einigung im Westen wollte die IG Metall im Osten jedoch heute mit Warnstreiks beginnen. Die Ost-Metaller fordern eine Eins-zu-eins-Übernahme für die neuen Bundesländer. BD/roga

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