Eine Weißtanne für Menschenrechte

Abenteurer Nehberg will nie wieder übern Atlantik schippern  ■ Von Gernot Knödler

Der Ort war klug gewählt. In der Tropen-Bar des Museums für Hamburgische Geschichte krönte der Wandsbeker Abenteurer Rüdiger Nehberg seine dritte waghalsige Atlantik-Überquerung mit einer Pressekonferenz für die Rechte der Ureinwohner Brasiliens. Unter Palmen präsentierte er Antonio Ricardo Domingo da Costa, den Häuptling der Tapeba-Indianer aus dem Nordosten Brasiliens. Domingo da Costa und sein Volk müssen Nacht für Nacht Wache stehen, um nicht von Pistoleros von ihrem Land vertrieben zu werden.

Nehberg hatte die Fahrt auf einer 350 Jahre alten Weißtanne aus den Schweizer Bergen unternommen, um die pompösen Feiern zum 500sten Jahrestag der „Entdeckung“ Brasiliens zu stören. Das Jubiläum müsse Anlass sein, „über die schrecklichen Verbrechen der europäischen Eroberer an den Indianern nachzudenken und deren Rechte jetzt endlich durchzusetzen“, erklärte Tilman Zülch von der Göttinger Gesellschaft für bedrohte Völker (GFBV), mit der Nehberg zum Schutz der Ureinwohner zusammenarbeitet.

Häuptling Domingo da Costa, angetan mit einem zylindrischen beige-weißen Federschmuck, forderte die brasilianische Regierung auf, der Verfassung aus dem Jahr 1988 endlich Genüge zu tun und die Grenzen der Indianer-Gebiete zu markieren, um sie zu sichern. Bereits 1993 hätte diese Arbeit abgeschlossen sein sollen, doch noch heute sind 315 von 594 Territorien nicht erfasst.

Nehberg lernte Domingo da Costa bei seiner Landung an Brasiliens Küste kennen. Mit weit ausholenden energischen Bewegungen berichtete der 64jährige gelernte Konditor-Meister von seinem jüngsten Abenteuer: von der Langeweile und seiner Angst vor Wellen oder und der Kollision mit Schiffen. Einmal sei ein russischer Pott direkt auf ihn zugedampft, erzählte Nehberg, ohne seine Signalraketen zur Kenntnis zu nehmen: Die Russen hatten gedacht, der Mann auf dem Baumstamm sei schiffbrüchig. Erleichtert feierten sie den komischen Kauz, der sie sogar noch mit frischem Wasser versorgte. Nehberg schenkten die Seeleute im Gegenzug eine Flasche Wodka.

Aus der Absicht, „The Tree“ vor dem Präsidenten-Palast in Brasilia aufzustellen, wurde trotz einer ursprünglichen Zusage nichts. Also kutschierte Nehberg den Baumstamm im Demo-Tempo am Palast vorbei. Um die Forderungen der GFBV abgeben zu können, musste er sich erst eine Krawatte kaufen.

Damit die Aktion möglichst lange im Bewußtsein der Öffentlichkeit bleibt, kommt der Baum demnächst nach Europa. Nehberg will ihn „bei der Expo oder auf Kirchentagen“ aufstellen. Eine vierte Atlantik-Überquerung werde es jedenfalls nicht geben, beteuerte der Survival-Experte. „Ich glaube, sonst verübe ich Selbstmord.“