village voice
: Wie die Zwillinge von She 1 reich und berühmt werden wollen

BLOND IN BERLIN TONIGHT

Es war in der Woche des zweiten März. Auf dem Cover des tip saßen zwei Frauen auf der Couch und guckten mit ausdruckslosem Blick in die Kamera. Zwillinge, blond und langbeinig, eine Mischung aus Neue-Mitte-Szenefrauen und Go-go-Girls. Im Heft ein Foto von ihnen mit George Clooney. Sie müssen irgendwas haben und, ja doch, sie sind der neue und tolle Musik-Act She 1.

Das findet zumindest die Promo ihres Labels. Im gewohnt locker-flockigen Bandinfo erfahren wir: Sie heißen Melanie und Verena, sind 23 und kommen aus Frankfurt /Main. Schon während der Schulzeit sind sie total gut angekommen, was denn sonst, sie waren nämlich mal Groupies des mittlerweile verstorbenen INXS-Mastermind Michael Hutchence !

Der Pressetext erzählt weiter, wie sie in Berlin ankommen und im Knaack Club, in dem auch Rammstein rumgehangen sind, von einem Produzenten entdeckt werden. Der hat den schönen Doppelnamen Fahrenkrog-Petersen, Vorname Lutz. Dessen Bruder Uwe war übrigens bei der Band von Nena.

Das klingt gut. Vielleicht war es dann so, dass der Lutz sich Folgendes gedacht hat, als er die flotten Bienen sah: Die Optik stimmt und das Singen werden die schon noch lernen. Inhalt vor Form. Im Info wird dann noch auf drei Jahre Gesangsunterricht hingewiesen. Will heißen: Sie üben noch. Wenn sie schief liegen auf ihrem Debütalbum „Rich &Famous“ (!), bitte gnädig hinweghören!

Das Singen ist eh unwichtig, es soll schließlich irgendwie um Girlpower gehen: Melanie und Verena gucken naiv-sorglos mit schwarz umrandeten Augen und warten auf die Jungs mit Baseballschläger und Elektroschocker in der Hand. Angetan sind sie mit dem typischen Girlie-Outfit aus Faltenröckchen, Nietenhalsband und zerschlissenen Netzstrumpfhosen.

L 7 und Babes in Toyland revisited, nur machen Form und Hüllen allein noch lange keine Riot-Girls. Schon gar nicht, wenn dann noch diese drei langweiligen, schwarz gekleideten Typen auf dem Bandfoto mit Verena und Melanie posieren. Vielleicht wollen She 1 ja nur die Wiedergänger von Blondie sein.

Ganz sicher wollen sie aber reich und berühmt sein und einen Hit haben mit ihrem artigen Gänseblümchen-Pop: Dudelige Keyboards verbreiten vergnügte Stimmung, hin und wieder fährt den beiden eine Rock-Gitarre in die Parade. Yeah! Das hebt die Laune im Partykeller und auf der Klassenfahrt, aber nur solange keiner richtig zuhört: „Now I am here and I like it, now we’re in the coolest place we’ve ever been, livin’ in Berlin“. Yeah!

Oder „Boys are all the same that’s nothing new, the only one that takes me like I am is you“.

Ist das jetzt selbstironisch? Oder einfach nur platt und schlecht epigonal? Oder meinen sie es gar ernst?

Was nach dem Hören bleibt ist das Tussi-Stereotyp „Frau, blond und ein bisschen hohl“, mit dem die beiden aber überhaupt nichts anzufangen wissen. Jenny Elvers war da vor ein paar Jahren schon weiter: Sie sang mit ihrer Drei-Frauen-Combo „Blond and Stupid“ den gleichnamigen Song und hatte zumindest eine Ahnung davon, was die Ronettes seinerzeit alles meinten mit einer Zeile „I’m so happy, ’cos’ I’m so stupid, I’m just a girl“. VERENA DAUERER

She1: „Rich & Famous“ (Marlboro Music/BMG)