Wanted: Pflegekräfte per Green Card

■ Pflegediensten gehen Fachkräfte aus, Kunden können nicht angenommen werden: Partitätische fordern Green Card für PflegerInnen aus deutschsprachigem Ausland

Jürgen Wäcken träumt von der Green Card. Nicht für sich. Auch an Computerspezialisten mangelt es dem Geschäftsführer vom Paritätischen Wohlfahrtsverband nicht. Wäcken sucht Pflegekräfte für die ambulante Pflege – und das händeringend. Zur Not würde er PflegerInnen per Green Card aus dem deutschsprachigen Ausland importieren. „Das zeigt der Politik, dass wir ein Problem haben.“

„Mittlerweile müssen wir Pflegekräfte doch schon mit dem Lasso einfangen“, meint Wäcken. Rund 20 Fachkräfte könnte der Paritätische Wohlfahrtsverband ab sofort einstellen, schätzt er. Für rund 40.000 Mark im vergangenen Jahr haben die Paritätischen Anzeigen geschaltet. Das Resultat: Dürftig. „Auf die letzte haben sich vier gemeldet – alle unbrauchbar.“

Dabei gehen die Paritätischen inzwischen schon recht ungewöhnliche Wege, um an Fachkräfte zu kommen: Kürzlich inserierten sie in Rostock, weil es im Osten gerüchteweise Ausbildungsjahrgänge geben soll, die dort nicht alle beschäftigt werden konnten. Ohne Erfolg. Jetzt versuchen sie es in Aachen. Auch dort sollen Ausbildungsjahrgänge nicht komplett untergekommen sein.

Pflegekräfte werden „wahnsinnig gesucht“, berichtet auch Bettina Deutsch, Arbeitsberaterin in Bremen-Nord. Aber trotz riesiger Nachfrage hat das Arbeitsamt eine ganze Reihe arbeitslos gemeldeter Pflegekräfte in Petto: 132 arbeitslose Krankenschwestern und 200 arbeitslose Altenpfleger sind gemeldet.

Für Wäcken ist das ein Rätsel: Bei ihm haben sich die arbeitslosen Pflegekräfte noch nicht gemeldet. Die seien möglicherweise schwer vermittelbar, vermutet er. Im Arbeitsamt dagegen glaubt man eher, dass nicht alle offenen Stellen gemeldet werden, nur knappe 170 Angebote sind dort registriert. Da werde es mit der Vermittlung schwierig.

Ein Knackpunkt für den akuten Fachkräftemangel ist vor allem das Gehalt: Für tarifliche rund 3.600 Mark brutto (rund 22 Mark Studenlohn) will keiner morgens und abends ran bei psychisch und körperlich anstrengender Arbeit. „Das ist nicht besonders viel. Das steht in keinem Verhältnis zu dem Einsatz, der da gefordert ist“, weiß man auch im Arbeitsamt. Die Verweildauer im Job ist daher nicht unbedingt lang: Nach einer Studie bleiben PflegerInnen nach der Ausbildung rund 3,5 Jahre im Beruf – „kaum länger als die Ausbildung gedauert hat“, klagt Wäcken. Früher habe man für die Arbeit noch Dank und Anerkennung bekommen, erklärt er: „Aber dieser Heiligenschein ist heute weg.“ Das könne die geringe Vergütung nicht kompensieren.

Bei höhere Gehältern hätten sich viele Probleme erledigt, meint Deutsch. Doch Gehaltsverhandlungen sind erstmal nicht drin. Die Gehälter wurden letztes Jahr von den Pflegekassen gedeckelt: Auf zwei Jahre Nullrunden mussten sich die Verbände zähneknischend einigen. „Dabei könnten wir bei der Nachfrage viel mehr Umsatz machen – wenn wir mehr Kräfte hätten“, heißt es bei den Paritätischen Verbänden.

Statt dessen müssen sie Kunden ablehnen: „Im Moment schieben sich die Pflegeeinrichtungen doch gegenseitig die Kunden zu“, erklärt Wäcken – je nach dem, welche der rund 80 Pflegeeinrichtungen noch Kapazitäten frei hat. Gleichzeitig sitzen Gütesiegel für die Pflege im Nacken: „Um die Qualität zu erfüllen, müssen wir Kunden ablehnen.“

Jetzt würde Wäcken am liebesten Pflegekräfte importieren: Doch so einfach wie mit Computerexperten ist die Sache nicht. „Informatiker können sowieso Englisch, aber für die Kunden, die wir versorgen, sind Deutschkenntnisse Pflicht.“ Wäcken schielt deshalb nach Östereich, Schweiz oder Luxemburg. Irgendwo da müsste es doch Pflegekräfte geben.

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