Raab gibt auf, Pape packts an

SPD-Schulsenatorin Rosemarie Raab tritt zurück. Bürgerschaftspräsidentin Ute Pape wird Nachfolgerin  ■ Von Peter Ahrens und Sven-Michael Veit

Überraschend war nur das Datum, nicht die Tatsache. Als Rosemarie Raab (SPD) gestern nach zwölfeinhalb Jahren ihren Rücktritt vom Amt der Hamburger Schulsenatorin verkündete, erwischte das Medien und Politik zwar auf dem falschen Fuß, doch aus heiterem Himmel kam der Rückzug nicht. „Der Entschluss ist nicht spontan gefallen“, sagt Raab. Bereits als der rot-grüne Senat 1997 zusammengestellt wurde, habe sie sich bei Bürgermeister Ortwin Runde ausbedungen, „zu einem geeigneten Zeitpunkt auszuscheiden“. Der sei nun gekommen.

„Zügig und schnell“ werde die Nachfolge geregelt, ließ Runde erklären. Am Montag wird er den SPD-Landesvorstand und die Fraktion über die neue Senatorin informieren, am Mittwoch soll die Vereidigung in der Bürgerschaft erfolgen. Seine Wahl hat der Senatschef unter Mitwirkung von Raab schon getroffen: Nach taz-Informationen wird Bürgerschaftspräsidentin Ute Pape (SPD) neue Schulsenatorin.

Die 50-jährige gebürtige Westfälin ist Lehrerin, war zunächst am Gymnasium Göhlbachtal in Harburg tätig und hat zuletzt an der Julius-Leber-Gesamtschule gearbeitet. Seit 1973 ist sie Mitglied der SPD, vor sieben Jahren übernahm sie den Vorsitz des Parlaments. Hervorgetan hat sich Pape bisher allerdings weniger als Schulpolitikerin denn als Expertin für Umwelt- und Verfassungsfragen.

Zum Kreis der KandidatInnen hatten auch drei weitere SozialdemokratInnen gezählt. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Dorothee Stapelfeldt geht aber erneut leer aus. Die 43-jährige Kunsthistorikerin hatte bereits bei der Bildung des rot-grünen Senats vor zweieinhalb Jahren das Wissenschaftsressort GAL-ionsfigur Krista Sager überlassen müssen. Gitta Trauernicht, Staatsrätin in der Senatskanzlei, war 1997 bereits als mögliche Schulsenatorin im Gespräch gewesen. Dann holte Runde die damalige Jugendamts-Chefin der Schulbehörde jedoch als seine rechte Hand ins Rathaus. Und dort will er seine Vertraute auch nicht missen. Gerne Schulsenator geworden wäre Günter Frank. Der Schulpolitiker ist jedoch als Vorsitzender des PUA Filz in diesem heiklen Job für die SPD zur Zeit unverzichtbar.

Raabs letzter öffentlicher Auftritt gestern vor der Presse war typisch. Unspektakulär, ohne Brimborium. Das Verkaufen der eigenen Politik sei eine Schwäche ihrer Amtszeit gewesen, sagt sie. Einer Politik, auf die sie nichts kommen lässt – aller Kritik von CDU, Elternverbänden und Gewerkschaft zum Trotz, die sie über die Jahre dauerhaft begleitet hat: „Wenn ich meine Schulpolitik negativ bewertet hätte, wäre ich wohl eher zurück getreten.“

Sie bewertet sie also positiv: Die Einführung der Verlässlichen Grund- und der Berufsvorbereitungsschule, die Durchsetzung des Rechtsanspruches auf einen Kindergartenplatz, die Weiterentwicklung der gymnasialen Oberstufe. Aufgaben, die sie als „abgeschlossen“ ansieht. Daher sei der Termin günstig, um abzutreten. Was jetzt folgt, der Ärger um die gekürzten Hilfen zur Erziehung, der Streit um Unterrichtsausfall und Lehrerversorgung – das ist jetzt Sache der Nachfolge. „Es wäre unredlich, Reformvorhaben anzufangen mit dem Wissen, sie nicht persönlich weiterführen zu können.“

Bereits im September hatte Raab erklärt, nach der Bürgerschaftswahl 2001 nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Das hatte ihr nicht nur bei der Opposition das Etikett „Senatorin auf Abruf“ eingebracht. Eine Kritik, die sie gestern noch einmal nachdrücklich zurückwies: „Ich bin weder amtsmüde noch habe ich den Spaß an dem Beruf verloren.“ Trotzdem zieht sie sich ab Mittwoch aus der Politik zurück und verzichtet auch auf ihr Abgeordnetenmandat.

Vor allem von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hatte die 53-jährige Soziologin in ihrer Amtszeit regelmäßig Prügel bezogen. Lehrermangel, Unterrichtsausfall und ihr konsequenter Sparkurs machten sie bei Lehrer- und Schülerverbänden zeitweise zur Unperson. Bei den Haushaltsberatungen im Dezember 1998 protestierten Hamburger SchülerInnen eine Woche lang Tag und Nacht gegen weitere Ein-sparungen. Das brachte sie ins Guinness-Buch der Rekorde, die Senatorin aber blieb im Amt.

Gestern sagte sie zum Abschied: „Ich gehe in Frieden.“