Das Psycho-Drama zwischen den Förden

■ DHB-Pokal: Der THW Kiel gewinnt das Finale gegen Flensburg mit 26:25 nach Verlängerung. Die Zebras nehmen damit zum dritten Mal in Folge den Titel mit nach Hause

Mitunter hilft nur der Psychiater: So etwa bei den Handballspielen zwischen dem THW Kiel und der SG Flensburg-Handewitt. Egal, ob in der Meisterschaft oder dem DHB-Pokal: Stets gelingt es dem Branchenkrösus aus Kiel, den lästigen Emporkömmling aus Flensburg in den wahrlich wichtigen Begegnungen abzuschütteln. Auch gestern errangen die Ballwerfer aus der Landeshauptstadt (im Volksmund „Zebras“ gerufen) mit einem 26:25 (20:20, 11:11) gegen die unliebsame Konkurrenz von der dänischen Grenze zum dritten Mal in Serie den Pokal. Während der THW nun noch auf das „Triple“ (Pokal, Meisterschaft und Champions League) hoffen darf, muss die SG weiter des ersten nationalen Titels harren – und dürfte langsam mit einem kollektiven Therapiebesuch liebäugeln.

Dabei sah es zu Beginn der Partie nach einem klaren Erfolg für den THW aus. Bereits nach 18 Minuten führten die „Zebras“ klar mit 8:4, was nicht zuletzt an den ungenügenden Angriffsbemühungen der Flensburger lag (Jan Fegter vergab allein in der ersten Viertelstunde viermal überhastet). Und auch in der Defensive gelang es der SG nicht, die Angreifer des THW in den Griff zu bekommen. Erst als SG-Coach Erik Veje Rasmussen auf eine 3:2:1-Deckung umstellte, schien das Spiel zu kippen. Die Ballwerfer von der Flensburger Förde standen jetzt aggressiver, was gerade Kiels Staffan Olsson (36) und Magnus Wislander (36) wenig behagte. „Damit sind meine alten Männer nicht zurecht gekommen“, frotzelte THW-Trainer Zvonimir Sedarusic später. Logische Folge: Zur Halbzeit stand es 11:11.

Im zweiten Abschnitt hatte es dann die SG in der Hand, endlich einmal gegen die landeseigene Konkurrenz zu gewinnen. Als Flensburg in der 50. Minute durch Christian Berge das 18:16 erzielte, schien die Partie gelaufen – zumal der formschwache Staffan Olsson eine Zeitstrafe absitzen musste. Doch fortan gelang den Flensburgern bis zum 19:19 in der 59. Minute kein Treffer mehr. Nur mit viel Dusel rettete Jan Fegter in der Schlusssekunde die SG mit dem 20:20 in die Verlängerung.

In den folgenden 10 Minuten spielte dann der THW seine ganze Routine aus: Als Nenad Perunicic mit seinem ersten Tor 35 Sekunden vor Ende der Verlängerung das 26:24 für Kiel erzielte, war die Partie endgültig gelaufen. Bei dem THW ragten vor allem Nikolaj Jacobsen (13/6) und der souveräne Keeper Steinar Ege heraus, während bei Flensburg vor allem Torwart Jan Holpert und am ehesten noch Thomas Knorr(6) überzeugten.

Die SG-Spieler indes flüchteten sich nach dem Ende der Partie in Zweckopitimismus: „Wenn wir so kämpfen, dann kommen wir in Zukunft trotzdem noch weit“, verlautbarte der SG-Kapitän Matthias Hahn. Derweil präsentierte sich der ansonsten eher griesgrämige THW-Trainer gestern von seiner humorvollen Seite: „Nach so einer nervenaufreibenden Partie freue ich mich auf meine Knieoperation“, scherzte der Trainer, dem eigenen Angaben zufolge Kreuz- und Außenbänder plus Meniskus im linken Knie fehlen.

Der DHB-Ligaausschussvorsitzende Heinz Jacobsen grinste nach Turnierende wie ein Honigkuchenpferd auf Drogen – nicht ohne Grund, immerhin war die Alsterdorfer Sporthalle an dem Finalwochenende restlos ausverkauft und auch in den Seminalfinals am Sonnabend wurde dem passionierten Handball-Anhang erquicklicher Sport geboten.

So schaffte der THW Kiel den Finaleinzug nur mit Ach und Krach nach einem 28:27 (24:24, 13:9) nach Verlängerung gegen die SG W/M Frankfurt. Zuvor taten sich die Flensburger bei dem 27:20 (11:11) gegen GWD Minden schwer. „Das war wirklich toller Sport“, meinte Jacobsen.

Bei soviel Jubel, mühte sich auch SG-Coach Rasmussen redlich, mit in den Freudenchor einzustimmen: „Hauptsache wir haben toll gekämpft“, beschied er knapp und schlich von dannen. An der dänischen Grenze indes wird man sich mit derlei „Erfolgen“ nicht mehr lange begnügen.

Matthias Anbuhl/P. Strempel