: Blue Notes - blauer Dunst
■ Beim Oldenburger „Jazz en Bloc“ kamen echte Weltstars. Trotzdem glänzt auch die lokale Szene
„Jazz en Bloc“, das ist nicht etwa die neue Schokoladenerfindung mit dem gewissen Swing, sondern die jährliche Leistungsschau der Oldenburger JazzerInnenszene. Dieses Jahr fand das von der „Oldenburger Jazz Musiker Initiative“ organisierte Festival erstmals im gediegeneren Rahmen des Kleinen Hauses am Staatstheater statt. Etwas steril, etwas spaßfrei war dieses Ambiente schon. Denn was ist schon eine richtige Blue Note ohne blauen Dunstschleier davor.
Außerdem gab es erstmals an jedem der drei Festivalabende jeweils einen international renommierten Gast zu hören – was dem Ganzen allerdings auf unerwartete Weise gut tat. Denn so alte Hasen wie Schlagzeuger Jimmie Cobb und Ray Drummond legten zwar mal eben so balladesque Blue-Note-Adaptionen hin, etwas verbobt, etwas verswingt auch, von Dado Moroni am Piano lässig mit Notenstaub bestreut, von Hendrik Meurkens mit Harmonika überzogen. Aber das Ganze war eben auch derart routiniert und lupenrein, dass man ebenso in ihre aktuelle CD hätte reinhören können – auf dem Sofa.
Dagegen hob sich die Spielfreude der Oldenburger Band „Chime“ wohltuend ab. Hier hatte man das Gefühl, etwas Entstehendes mitzuerleben. Das Quartett um den Saxophonisten Frank Schmidt bot feinsten Salonjazz. Die Jungs hatten ihre Hausaufgaben gemacht. Und sie boten obendrein noch spannende kompositorische Momente.
Ganz und gar den Konventionen entsagen will das „Pericoloso Sporgersi Ensemble“. Die Tänzerinnen Martina Morasso und Eliane Hutmacher (aus dem Ensemble der Noch-Tanzchefin am Oldenburger Theater, Irina Pauls) fangen in dieser freien Improvisation Impulse auf, die von der Jazzsängerin Ulrike Jannsen, der Geigerin Ulla Levens und dem Pianis-ten Dietmar Kirstein durch den Raum geworfen werden. Die Morasso läuft den Tönen davon, spielt schattenboxend mit den Klangerwartungen im Raum, die von den MusikerInnen prompt ins Lächerliche gezogen werden. Dieser expressionistischen Darbietung mochten nicht alle im Publikum folgen. Trotzdem war sie so erfrischend, brach sie doch mit dem Gefälligen. Denn darin richteten sich viele auftretende KünstlerInnen ein. Auch Weltstar Peter Fessler (Ex Trio Rio) schwimmt mit seinen coolen, smoothen West-Coast-Balladen auf der Easy Listening Welle – stimmlich irgendwo zwischen Simon and Garfunkel und Al Jarreau. Bei seinen Flirts mit Bossa und Samba fehlte dann nur noch der Cocktail. Hinreißend, mitreißende Stimmakrobatik, die vor Oldenburg auch schon in Montreux begeisterte.
So weit hat es die Sängerin Maria de Fatima noch nicht geschafft. Aber bei „Jazz en Bloc“ war sie gewiss der heimliche Star. Mit ihrem Trio stellte die in Oldenburg lebende Portugiesin ihre erste CD „Quiet Waters“ vor. Eigenkompositionen und Standards, irgendwo zwischen Fado und Jazz. Ihre Stimme löst ein, was man von Jazz erwartet: Sie streift Zwischenbereiche, lotet Uneindeutigkeiten aus, sie kann von innen her heller werden, um dann im Alt zu verebben oder kraftvoll zu treiben. Ihr Timbre kriecht bisweilen unter das Blatt des Saxophonisten Mathias Nadolny, dessen gebrochener Ton Bilder voller sehnsuchtgeladener Widersprüche entstehen lässt. Eine sinnliche Reise, fernab von aller Jazz-Intellektualität, die so deutsch zu sein scheint. Marijke Gerwin
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