Nicht nur einen, sondern viele Haiders

■ Green-Card: Die Bürgerschaft debattiert heute darüber, Türkische Gemeinde in Hamburg kritisiert Unionspolitiker

Die politische Auseinandersetzung über die von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) vorgeschlagene Green-Card-Aktion für ausländische Computerspezialisten hat Hamburg voll erreicht. Gestern warf die in der Hansestadt ansässige Türkische Gemeinde in Deutschland (TCD) Unionspolitikern „unwürdiges Verhalten“ vor. Heute nachmittag wird die gesamte Aktuelle Stunde der Bürgerschaft diesem Thema gewidmet sein.

Die rot-grüne Koalition hat dafür zwei fast gleichlautende Themen angemeldet. „Hamburg braucht beides: Greencard und Qualifizierungsoffensive“ behauptet die SPD fast gleichlautend mit der GAL: „Ausbildung und Einwanderung – Hamburgs Zukunft braucht beides“, meint diese. Diese Phalanx rot-grüner Einmütigkeit versucht allerdings die Union aufzubrechen: „Abschiebepraxis in Hamburg – welche Linie gilt?“ begehrt die Opposition zu wissen in der Hoffnung, die zum Teil heftigen Konflikte zwischen der GAL und der Abschiebebehörde des SPD-Innensenators Hartmuth Wrocklage schüren zu können.

Bei Hakki Keskin kann die Union allerdings nicht auf Zustimmung hoffen: „Bei vielen Politikerin der CDU und vor allem der CSU gehört es zur Routine ihres politischen Handelns, sich bei Wahlen ausländerfeindlicher Parolen zu bedienen“, erklärte der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde gestern in der Hansestadt. Komplizierte Themen würden auf Parolen reduziert, „die gezielt die Nichtdeutschen zu Sündenböcken machen“.

Die Gründe für das Fehlen von Computerexperten lägen im Versagen deutscher Bildungspolitik unter der früheren CDU-FDP-Bundesregierung. Zudem mangele es der Wirtschaft an der Bereitschaft, genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen.

Auch vor einem Vergleich mit dem österreichischen Rechtspopulisten Jörg Haider schreckte Keskin, der bis 1997 SPD-Bürgerschaftsabgeordneter in Hamburg war, nicht zurück. Seit Beginn der 80er Jahre „macht die CDU Stimmung gegen Menschen, die sich nicht mit ihrer Stimme dagegen wehren können“. Viele Unions-Politiker praktizierten in Teilen eine ähnliche Politik wie die Freiheitliche Partei (FPÖ). „Was die Ausländerpolitik anbetrifft, haben wir in Deutschland leider nicht nur einen, sondern viele Haiders, mit dem Unterschied, dass wir dies nicht wahr haben wollen“, erklärte Keskin.

Die TCD versteht sich als parteipolitisch unabhängige Interessenvertretung von rund 200 Einzelvereinen und damit eines Großteil der 2,3 Millionen in Deutschland leben Türken. smv