: Attentat auf die Pressefreiheit
Der 69-jährige Journalist Jean-Leopold Dominique, bekannt für seinen jahrzehntelangen Kampf gegen die Diktatur in Haiti, wurde erschossen
Vier Jahrzehnte lang stand sein Name für die Freiheit des gesprochenen Wortes. Am Montag wurde Jean-Leopold Dominique von zwei bewaffneten Männern im Innenhof seiner Radiostation in Port-au-Prince, der Hauptstadt des Karibikstaates Haiti, niedergestreckt. Die Mörder kamen um sechs Uhr früh, als der 69-jährige Eigner und Direktor des „Radio Haiti Inter“ vorfuhr. Der schwer verletzte Dominique wurde ins Krankenhaus gefahren, wo er kurze Zeit später verstarb. Dominique war nicht nur einer der bekanntesten politischen Rundfunkjournalisten des Landes, sondern auch Berater des Präsidenten. Wie dieser gehörte er dem Aristide-Lager an, auch wenn er nicht Mitglied der Partei des früheren Präsidenten war.
Bereits in den 70er-Jahren hatte Dominique den Protest der Journalisten gegen die Pressezensur organisiert. Damals herrschte in Haiti der Diktator François Duvalier mit Hilfe seiner 300.000 starken Privatmiliz, die auch Dominiques Bruder umbrachte. Unter dem Regimes Jean-Claude Duvaliers wurden Dominique und seine Tochter Gigi ins Gefängnis geworfen. 1980 wurde der Sender geschlossen, und Dominique floh mit der Familie ins Exil. Nach dem Sieg Aristides bei den ersten freien Wahlen Haitis 1990 kehrte der Journalist zurück. Doch als der Priesterpräsident neun Monate später von der Macht geputscht wurde, musste Dominique wieder fliehen. Die Putschisten nahmen Rache an einem Volk, das zu zwei Dritteln den radikalen Priester gewählt hatte: Rund 5.000 Menschen wurden ermordet, Radio Haiti Inter bereits am Tag nach dem Putsch zerstört. 1994, nachdem eine militärische Intervention der USA Aristide wieder in den Präsidentenpalast gebracht hatte, kehrte der Journalist erneut aus dem Exil zurück.
Noch ist unklar, wer hinter dem Mord steckt. Ein Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um die anstehenden Parlamentswahlen liegt nahe. Letzte Woche kam es in Port-au-Prince zu Unruhen, bei denen vier Menschen starben. Anhänger Aristides forderten die Auflösung des Wahlrates, der den Urnengang, der dreimal verschoben worden war, für den 9. April angesetzt hatte. Der Präsident, der vor einem Jahr einen Ministerpräsidenten ernannt hat, dessen Regierung von keinem Parlament kontrolliert wird, weil es seit 15 Monaten keines mehr gibt, weigerte sich, die Wahlen auszuschreiben. Die Opposition, zumeist frühere Mitstreiter Aristides, wirft dem Präsidenten vor, die Wahlen zu verschleppen, um sie dann zusammen mit den im Dezember fälligen Präsidentschaftwahlen durchzuführen, die aller Voraussicht nach Aristide gewinnen wird. THOMAS SCHMID
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen