Bussi statt Business

Die neue „Business Vogue“ besticht durchs Handtaschenformat. Sonst durch gar nichts. Dafür gibt’s Plaudereien aus dem Beauty-Case für die Geschäftsfrau über 5.000 Mark netto

von DIEMUT ROETHER

„Geld macht Frauen richtig glücklich“, erkannte kürzlich ntv-Moderatorin Carola Ferstl und landete mit dem Buch zum Motto gleich einen Bestseller. Dass glückliche Frauen, also die, die richtig Geld haben, eine ideale Zielgruppe sind, wissen Marketingstrategen schon lange. Zur Allegra gibt es daher Women & Work, und aus dem Brigitte-Stall kommt – Vorsicht, Verwechslungsgefahr! – Working Girl. Auch Burda will noch dieses Jahr Vivian auf den Markt werfen. Höchste Zeit also, dass auch das Hochglanzprodukt aus dem Hause Condé Nast eine Schwester bekommt: Vogue Business.

Natürlich darf’s hier vom Guten etwas mehr sein: Cabrios ab 50.000 Mark für Aufsteigerinnen, Hotels für anspruchsvolle Absteigerinnen – das Heftchen im Handtaschenformat richtet sich selbstredend nur an weibliche Führungskräfte und solche, die es werden wollen, mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 5.000 Mark aufwärts. Für die zumindest gibt es Tipps, wie sie ihr Geld anlegen können. Und was lernt die kluge Anlegerin in der neuen Vogue Business? Informieren geht vor Spekulieren – Frauen können solche Binsenweisheiten wohl gar nicht oft genug zu hören bekommen. Auch Karriere-Tipps im Stile von „Mit Spaß an die Spitze“ klingen nur zu bekannt – ganz zu schweigen vom guten Rat des Management-Coaches Dorothee Echter: „Der einzige Weg, an die Macht zu kommen, ist der unbedingte Wille, sie zu haben.“ Ach ja, und auch Frau Ferstl ist wieder da: Sie erzählt uns nicht nur, wie sie ihren Tag beginnt, sondern auch, warum sie ihr Geld lieber in die Aktie „Madonna“ investieren würde als in „Naddel“ ...

Die „kluge Köpfin“, um die die neue Zeitschrift in ihren Anzeigen wirbt, kann angesichts solcher Gemeinplätze nur müde lächeln, denn diese Mischung aus den Rubriken Karriere, Mode, Geld, Beauty & Fitness, E-Life, Büro und Unterwegs käut bloß Altbekanntes wieder. Frauen, das wussten wir doch längst, wollen nur das eine: gut gekleidet und geschminkt durch den Tag und die Nacht kommen. (Eine professionelle Moderedaktion sollte allerdings eigentlich den Unterschied zwischen „gesmogt“ und gesmokt kennen ...)

Kein ernst zu nehmendes Blatt für die moderne Geschäftsfrau also, sondern nur ein eleganter Vorwand, teure „Office Outfits“ zu präsentieren – nebst den passenden Köfferchen und Täschchen zu vierstelligen Preisen. Wir lernen: Frau auf dem Weg nach oben zeigt lieber Bein und Busen als Zähne. – Bussi statt Business.

Kein Wunder, dass das neue Business-Magazin für Frauen nur zweimal im Jahr erscheinen soll. Denn hier geht es keineswegs um die schnelllebige Welt der internationalen Finanzmärkte, sondern um die immergleichen Themen: „Fashion! Design.“ Blöderweise hat über die neusten Trendsportarten hat die Freundin bereits besser informiert, und selbst die Frontfrau ist eine alte Bekannte: Claudia Schiffer ziert zum hundertundx-ten Mal ein Vogue-Titelbild und plaudert ein bisschen aus dem Beauty-Case – etwa darüber, dass die moderne Geschäftsfrau nur mit Stil und Disziplin erfolgreich sein kann.

Ach, Claudia! Offensichtlich hatten die Macher von Business Vogue doch eher hübsche Köpfchen im Sinn als die klugen Köpfe moderner Karrierefrauen. Für den Flug von Hamburg nach München reicht dieser Lesestoff jedenfalls nicht – da hält sich die Frau, die richtig glücklich werden will, doch lieber an die FAZ oder die Financial Times.