Der Kobold lässt den Frack zu Hause

■ Die Deutsche Kammerphilharmonie und die Bremer Shakespeare Company stellen beim „Sommernachtstraum“ am Sonntag ihre Experimentierfreudigkeit unter Beweis

Wenn sich Mendelssohn das mal nicht anders vorgestellt hatte! Die Aufführungen seiner Theatermusik zu Shakespeares Komödie „Ein Sommernachtstraum“ versprechen seit Jahrhunderten vor allem eines: einen besonders komischen Abend. Das ist bei einer Komödie auch gut so. Doch komisch ist zumeist nicht Shakespeares Humor, sondern vielmehr die ungewollt steifen Rezitationen der Textpassagen. Der dramatische Anteil erschöpft sich nämlich stets darin, drei bis vier Schauspieler an den Bühnenrand zu stellen, von wo aus sie dann Shakespeares Dramentext herunterbeten. Langweilig ist das zwar nicht; wann sonst sieht man Kobold Puck in Frack und Fliege? Hinreißendes Schauspiel kann dabei allerdings auch nicht erwartet werden.

Wenn aber Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen und die bremer shakespeare company sich zu einem derartigen Projekt entschließen, sieht die Sache wieder ganz anders aus. Die für ihren experimentellen Mut bekannten MusikerInnen und SchauspielerInnen wollen am Sonntagabend in der Bremer Glocke einen Sommer-nachtstraum präsentieren, der mit der herkömmlichen Aufführungspraxis nichts gemein hat. Da wird der Kobold durch den Saal springen, dass sich mancher Konzertbesucher ungläubig die Augen reibt. Shakespeares Handwerker werden im Märchenwald einen Lärm veranstalten, als seien sämtliche Kollegen der Bremer Handwerksbetriebe auf der Bühne. Und der in einen Esel verzauberte Zettel wird mit seinem Eselsgeschrei für sehr ungewohnte Klänge in der Glocke sorgen.

Ja, sogar von einer „Entweihung“ des ehrwürdigen Konzertsaals ist da gar die Rede! Nun, ganz so dramatische Auswirkungen werden wohl nicht zu befürchten sein. Schließlich erledigen die Schauspieler doch nur ihre Arbeit: Lebendige Darstellungen statt öder Rezitationen. Gleichwohl ist das Vorhaben ein Wagnis. Selten zuvor haben sich KünstlerInnen auf diese riskante Synthese aus Musik und Theater eingelassen. Und wie nimmt das kritische Bremer Publikum diesen Drahtseilakt auf?

Das zweite Konzert des gemeinsamen Projekts, am Mittwoch den 12. April ist bereits restlos ausverkauft. Auch für die Sonntagsaufführung erwarten die KünstlerInnen ein volles Haus. Und das trotz drohender Entweihung! Es scheint, als habe man seit Jahrhunderten etwas falsch gemacht bei Aufführungen des Shakespeare-Mendelssohnschen „Sommernachtstraums“. Johannes Bruggaier

Am Sonntag, 9. April, um 20 Uhr wird die Einstudierung des „Sommernachtstraums“ in der Glocke aufgeführt. Karten und Infos unter: 32 19 19. Einführungsveranstaltung „en passent“ mit dem Dirigenten Frans Brüggen am Samstag, 8. April, 20 Uhr im Kultursaal der Angestelltenkammer, Bürgerstraße 1