Die Hilfe kommt per Knopfdruck sofort ins Haus

■ Die Bremer Hausnotrufzentrale „ServiceCall“ ist rund um die Uhr für alte und kranke Menschen da / Per Sender am Handgelenk können sie im Notfall Alarm auslösen

Frau Meier ist gestürzt. Sie liegt hilflos am Boden, kann sich nicht bewegen. Der rettende Weg zum Telefon ist für die alleinstehende alte Frau im wahrsten Sinne des Wortes unbegehbar. Zum Glück trägt sie einen so genannten Handsender am Handgelenk. Ein einfacher Knopfdruck auf das kleine ovale Ding aus Plastik genügt – und der Sender wählt automatisch die gespeicherte Nummer der Hausnotrufzentrale „ServiceCall“ in Bremen-Walle. Und die bringt Hilfe.

Seit einem Jahr existiert dieses ganz neuartige Hilfe-System in Bremen: Damals schlossen die Arbeiterwohlfahrt (AWO) und der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) ihre Hausnotruf-Organisationen unter einem Dach zusammen – und starteten „ServiceCall“, damit „die Menschen so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden bleiben und ihr Leben selbstbestimmt meistern können“, erklärt Geschäftsführer Michael Schnepel. „Trotzdem bekommen sie Hilfe und fühlen sich sicher.“

Sieben Tage in der Woche und 24 Stunden lang nehmen die „ServiceCall“-MitarbeiterInnen Notrufe entgegen - täglich rund 500. Sobald Alarm in der Zentrale in der Bremerhavener Straße ausgelöst wird, tritt sofort einer der 24 Call-AgentInnen mit dem Anrufer in Kontakt – über den Lautsprecher, der in der Patienten-Wohnung installiert ist. Er erkundigt sich, was passiert ist und versucht erst mal zu beruhigen. Auf seinem Computerbildschirm erscheinen die gespeicherten Anrufer-Daten wie Name, Adresse, Krankheiten, Hausarzt und zuständiger Pflegedienst. Der Mitarbeiter macht sich ein Bild vom Patienten. So kann er die Situation besser einschätzen.

Diese spezielle Pflege-Dienstleistung der Waller Hausnotrufzentrale nehmen mittlerweile rund 2.000 alte, kranke und behinderte Menschen innerhalb und außerhalb Bremens in Anspruch – für 35 Mark im Monat und einer einmaligen Anschluss-Summe von 100 Mark für Handsender und Lautsprecher-Installation sowie 35 Mark Aufschlag zum Hinterlegen des Haus-Schlüssels. Denn wenn ein Unfall passiert ist, „benachrichtigen wir tagsüber Krankenwagen, Angehörige oder den Pflegedienst“, erklärt Michael Schnepel, „passiert nachts etwas, schicken wir eine unserer eigenen vier Krankenschwestern“ – und die kommen dann mit dem im Tresor hinterlegten Haus-Schlüssel in die Wohnung.

Allerdings sind nur knapp 30 Prozent aller Anrufe wirkliche Notfälle – Stürze, Atemnot oder Herzrasen. „70 Prozent der Anrufe dienen der Kontaktsuche“, weiß der Geschäftsführer – vor allem Montags morgens, wenn die Menschen nach dem Wochenend-Besuch von Verwandten wieder allein sind. Dann rufen sie die Notrufzentrale an – und „dann heißt es, sie seien aus Versehen auf den Knopf des Handsenders gekommen. Aber es sei ja so schönes Wetter und der Sohn mache Urlaub auf Mallorca.“ Viele bräuchten einfach jemanden zum Reden, sagen es aber nicht.

„Anrufbeantworter und Voiceboxen“ lehnt der ServiceCall- Geschäftsführer jedoch ab. Die wolle man nicht „in einer Welt, die immer virtueller wird.“ Der menschliche Bezug sei sehr wichtig, sagt er. Trotzdem ist ServiceCall im gesamten Bundesgebiet vernetzt – und hat neben Bremen und umzu noch weitere 1.800 Kunden im gesamten Bundesgebiet: Auch ihre mit Handsender ausgelösten Notrufe gehen in Bremen ein. Von dort aus werden dann die Krankenhäuser oder Pflegedienste in der jeweiligen Region alarmiert.

Und lange Gespräche mit den einsamen Anrufern sind eh nicht möglich: Die Leitung müsste wieder freigemacht werden, erklärt der Call-Agent dann nach einem kurzen Plausch – damit der nächste Anrufer in Not auch wirklich durchkommt und die am Boden liegende Frau Meier Hilfe bekommt. Tina Bauer