Ein alter Feind weckt rosa Träume

Mag auch Angela Merkels CDU Homosexualität nicht mehr für Teufelszeug halten – in der CSU regieren die Hardliner. Jetzt riskiert ein bayerischer Bundestagsabgeordneter den Flirt mit Schwulenverbänden. Doch alte Widersacher misstrauen seiner neuen Offenheit

BERLIN taz ■ Ausgerechnet Hans-Peter Uhl. Ein CSU-Politiker, an dem über Jahre hinweg der Ruf des Hardliners haftete. Gerade in schwullesbischen Fragen. „Aalglatt“ habe er als Chef des Münchner Kreisverwaltungsreferats Politik gegen die Homo-Kommune betrieben, erzählt sein alter Widersacher Thomas Niederbühl von der „Rosa Liste“ im Stadtrat. Und jetzt das.

Vergangene Woche ließ sich Uhl, seit 1998 CSU-Bundestagsabgeordneter, zu einer Podiumsdiskussion des „Völklinger Kreises“ einladen. Bei dem Verband schwuler Führungskräfte signalisierte er nicht nur, dass man über eine Verbesserung der Rechtssituation gleichgeschlechtlicher Partnerschaften reden könne. Er hatte auch noch halbwegs konkrete Vorschläge im Gepäck.

Man könne Benachteiligungen schwullesbischer Paare aus dem Erbschaftsrecht entfernen. Auch beim Krankenbesuch Schwerverletzter – der bisher nur Ehepartnern und Verwandten zusteht – und dem Auskunftsverweigerungsrecht spach Uhl sich für Änderungen aus. Genauso müssten Homo-Paare nach einer Trennung allerdings auch Unterhaltsleistungen übernehmen. Ein Versprechen zum Abschluss: Er werde als mäßigende Stimme in den Bundestagsdebatten auf die eigene Fraktion einwirken.

Inhaltlich ausgestaltet seien diese Ideen noch nicht, erklärte Uhls Referent Alexander Röhreke gestern. Man wolle eine Debatte in Gang bringen. Die Betroffenen sind baff. „Wir finden das interessant, gerade weil wir seine bisherigen Reden zum Thema kennen“, umschreibt Jörg Melsbach, Chef der Bundesgeschäftsstelle des „Völklinger Kreises“ die Verblüffung des Lobbylagers. „Es ist zumindest positiv, wenn auch die CSU erkennt, dass uns gegenüber eine andere Haltung vonnöten ist.“

Uhl steht nicht alleine im Unionslager. In der Jungen Union hat man sich schon längst liberale Positionen zugelegt. Auch die große CDU verankerte auf dem kleinen Parteitag im Dezember die veränderten Realitäten in einem Familienpapier: Zwar werde nur die Familie aktiv gefördert, aber man könne prüfen, wo Ungerechtigkeiten für gleichgeschlechtliche Paare aus dem Weg geräumt werden können.

Die alten Positionen bröckeln. Ein Mitglied der Gruppe „Schwule und Lesben in der Union“ berichtet, dass gerade von Seiten des Parteinachwuchses eine liberale Welle zu rollen beginnt: „Es ist schwer zu sagen, ob Uhls Vorstoß seiner Meinung entspricht, oder ob er aus wahltaktischen Gründen mitschwimmt.“

Thomas Niederbühl von der Münchner Rosa Liste glaubt jedenfalls an faulen Zauber. „Minimalzugeständnisse, um eine echte Reform zu verhindern“, seien das. Uhl habe sich auch in München liberal gegeben und knallhart durchgegriffen. So habe er mit „merkwürdigen Argumenten eine Schwulensauna geschlossen“ und die bereits beschlossene Einreise eines chinesischen Schwulen zu seinem deutschen Freund verhindert.

„Im Job bleiben einem viele Dinge nicht erspart, er musste sich an Recht und Gesetz halten“, kontert Uhls Referent Röhreke die Beschuldigung. Hans-Peter Uhl habe immer als liberaler Exponent der CSU gegolten. Natürlich hat diese Ader auch im Falle Uhl ihre Grenzen.

Klar sei: Eine Gleichstellung der Familie mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften möchte Uhl nicht. Die Familie diene der Fortpflanzung, deswegen werde sie begünstigt, auch im steuerlichen Bereich, erklärt Referent Röhreke. Weil eine Homo-Partnerschaft dies nicht leiste, könne es hier genauso wenig eine Gleichstellung geben wie bei der Adoption von Kindern.

GUNNAR MERGNER