Der mit dem Gepard tanzt

■ Matto Barfuss hat sechs Monate in einer Gepardenfamilie gelebt / Er ist keinmal gebissen worden / Aber er hat sich verliebt ... in „eine blonde Frau“ als Gepardmann

Als Traumfänger und Künstler bezeichnet sich Matto Barfuss. Das klingt gut und auch ein wenig besonders. Und besonders will Barfuss auf jeden Fall sein. Oder zumindest ein bisschen verrückt. Genau das bedeutet „Matto“ nämlich auf italienisch. „Für mich steht verrückt vor allem für andersdenkend“, erläutert der 29-jährige Süddeutsche. Nun gut. So ganz wird man den Verdacht trotzdem nicht los, dass Matto einfach nur eine Abkürzung für Matthias ist, den richtigen Vornamen des Künstlers, und dass der Mann insgesamt ein Meister der Selbstinszenierung ist. Ohne Schuhe, also Barfuss, überquerte er 1989 in nur 20 Tagen die Alpen – natürlich mit einem tieferen Hintergedanken: „Die Zerstörung meiner Füße wollte ich mit der Erosion der Alpen vergleichen“, sagt Matto Barfuss. Aktionskunst nennt man das.

Am vergangenen Samstag nun konnten die BremerInnen während einer Diashow im Konsul-Hackfeld-Haus noch weiter in das außergewöhnliche Leben von Matto Barfuss eintauchen. „Packend, gefühlvoll und lebendig“ – so die Ankündigung – wollte Barfuss von seinen Abenteuern als „menschlicher Gepard“ in der Serengeti erzählen. Fast sechs Monate hat der mit „der Liebe zur Wildnis geborene Mann“ in einer Gepardenfamilie gelebt. Auf allen Vieren ist er durch die afrikanische Grassteppe gerobbt. Ein Gepardenmann? Man durfte gespannt sein.

Und da ist er! Mit entschlossenem Schritt betritt Barfuss den Saal, ein buntes Tuch flattert in dem langen, blonden Haar. „Ready for take-off?“, so die Frage ans Publikum. Die Reise kann beginnen. Sie führt uns in die Weiten der Serengeti, in der mit Beginn der Trockenzeit die derzeit größte, noch intakte Säugetierwanderung zu beobachten ist. 1995 flog Barfuss zum ersten Mal nach Tansania, um die „Große Migration“ der wilden Tiere zu beobachten und zu fotografieren. Auch den inzwischen selten gewordenen Geparden wollte er auf jeden Fall sehen.

Die Begegnung mit der schnellen Raubkatze war – so erfahren die Zuschauer – Liebe auf den ersten Blick. Und um Liebe wird es während des Vortrags immer wieder gehen. „Das Publikum reagiert sehr emotional auf meine Geschichte“, weiß Matto Barfuss. Zufall? Wohl eher nicht. „Und da war sie – eine blonde Frau.“ Ein etwas verwirrender Einstieg in einen Diavortrag über Geparden – doch das auf die Leinwand geworfene Bild verschafft Aufklärung. Bei der „blonden Frau“ handelt sich um eine majestätisch dreinschauende Gepardenmutter – samt ihrer fünf Jungen. „Ich habe mich sofort unsterblich verliebt“, fährt Barfuss fort. Ist ja auch völlig klar, denn wer könnte eine blonde Frau nicht lieben? Und erst die Augen dieser Frau! „Schau mir in die Augen, Kleines“, kommentiert der Tierliebhaber die nächste Großaufnahme der Gepardin. Ein „Casablanca“-Szenario mitten in der Serengeti. Vielleicht ist der etwas verrückte Gepardenmann ja in Wirklichkeit Humphrey Bogart.

Die Liebesgeschichte nimmt ihren Gang. Barfuss macht sich an die Gepardin und deren Kinder ran. Das erste Misstrauen verfliegt schnell, schon bald wird er „betatscht, beleckt und bekuschelt“. Ist Mitglied der Familie. Ja, so ist die Liebe. Man kommt sich näher. Ganz, ganz, ganz toll und faszinierend und auch aufregend sei das alles für ihn gewesen, wird der Gepardenmann nicht müde, dem Publikum zu versichern. Und in der ersten Reihe fährt ein offensichtlich faszinierter Zuhörer seiner Partnerin immer wieder raubkatzenhaft durchs Haar. Ja, der Traumfänger Barfuss versteht sich auf Emotionen.

Nach knapp zwei Stunden „emotionaler Diashow“ sind alle die, die nicht auf seicht einlullende Unterhaltung stehen, am Ende ihrer Kräfte. Als Trost bleibt immerhin, dass die von Barfuss geschossenen Fotos für sich allein genommen äußerst beeindruckend sind. Durch die Nähe zu der Gepardenfamilie hat der Fotograf sehr präzise und schöne Tieraufnahmen machen können, die mit Sicherheit ihresgleichen suchen. Ein Bildband allein – den es natürlich auch gibt – ohne das ganze „Blabla“ hätte es in diesem Fall auch getan.

Tanja Vogt