Kampf gegen Jahrhundertflut

In Ungarn stehen wegen Dauerregens zahlreiche Ortschaften unter Wasser. Die Regierung ruft den Notstand aus und stockt den Katastrophenschutz auf

BERLIN taz ■ Ungarn ist derzeit durch ungewöhnlich starke Regenfälle von einer der schwersten Hochwasserkatastrophen seiner Geschichte betroffen. In Ostungarn traten letzte Woche zahlreiche Flüsse über die Ufer und überschwemmten zahlreiche Gebiete und Ortschaften. Ungarns zweitgrößter Fluss, die Theis, erreichte gestern bei der ostungarischen Stadt Tokaj mit 9,20 Meter eine Rekordhöhe, trat aber noch nicht über die Ufer. Bisher wurden rund 2.000 Höfe und Häuser überschwemmt und 400 Menschen evakuiert. Knapp 8.000 Soldaten und Helfer arbeiten derzeit an der Sicherung der Theis-Dämme.

Ungarns Regierungschef Viktor Orban hatte bereits am Sonnabend für die betroffenen Gebiete den Notstand ausgerufen. Am Montag beschloss die Regierung in Budapest auf einer Sondersitzung Haushaltsausgaben in Höhe von 37,3 Milliarden Forint (280 Millionen Mark; 2,1 Prozent der gesamten Haushaltsausgaben) zu kürzen und diese dem Katastrophenschutz zur Verfügung zu stellen.

Die Regierung kündigte außerdem an, dass sie in den nächsten zehn Jahren ein umfassendes Deich- und Dammbau-Programm in Gang setzen will. Das ungarische Außenministerium soll außerdem mit den Nachbarländern Slowakei, Ukraine und Rumänien, aus denen die meisten größeren Flüsse Ungarns kommen, über ein Flussregulierungsprogramm beraten.

Auch Rumäniens nordwestlicher Landesteil Siebenbürgen ist wegen anhaltender Regenfälle seit Tagen von einer Hochwasserkatastrophe betroffen. Durch die Überschwemmungen kamen bisher sieben Menschen ums Leben. Über 8.000 Häuser und Höfe wurden überschwemmt und 365 kleinere Brücken und Flussübergänge sowie 14 Kilometer Deiche und Dämme zerstört. Die rumänische Regierung, die Versäumnisse beim Dammbau einräumte, hat sich unterdessen bereits an die Nato um Hilfe gewandt.

Sowohl Ungarn als auch Rumänien wurden in den letzten Jahren mehrfach von schweren Überschwemmungen heimgesucht. In den letzten zwei Monaten hatten Tauwetter und schwere Regenfälle Dammbrüche in rumänischen Bergwerksanlagen ausgelöst und etwa 120.000 Kubikmeter zyanid- und schwermetallverseuchte Giftschlämme in die Theis und andere Flüsse gespült. KENO VERSECK