Jobs in den Wind schreiben

■ AKW Stade: Wissenschaftler belegt Arbeitsmarktimpulse durch Atomausstieg und Investitionen in Windkraftwerke

Bei einem kurzfristigen Ausstieg aus der Atomenergie könnten in Stade mehr Arbeitsplätze entstehen als in dem Atomkraftwerk. Diese Auffassung hat Prof. Olav Hohmeyer von der Universität Flensburg vertreten, Autor einer im Auftrag von Greenpeace erstellten Studie über die Folgen und Chancen des Atomausstiegs.

Stade habe eine Riesenchance für einen Neuanfang, wenn die Stadt nicht länger dem Atomkraftwerk hinterher trauere, sondern mit dem Bund aktiv verhandele über Investitionen in alternative Energien. Das war die Botschaft Hohmeyers an Politiker und Bürger während einer gutbesuchten Podiumsdiskussion am Mittwochabend im Stadeum, die gemeinsam von Greenpeace und dem Stader Tageblatt veranstaltet wurde.

Die Kleinstadt an der Unterelbe würde sich hervorragend eignen als Standort für eine Windkraftanlagen-Fabrik. Dort könnten bis zu 1000 Arbeitsplätze entstehen, meinte Hohmeyer. Im Atomkraftwerk Stade sind derzeit 350 Menschen beschäftigt, ein neues Gaskraftwerk brächte nur Arbeit für 50 Leute. „Bei der Windenergie gehört den Fünf-Megawatt-Anlagen die Zukunft, und noch gibt es dafür keinen Produktionsort in Deutschland,“ sagte der Wissenschaftler.

Der Stader Landrat Gunter Armonat und Stadtdirektor Dirk Hattendorf zeigten sich skeptisch, wollen aber das Angebot von Hohmeyer annehmen, gemeinsam ein Konzept für neue Jobs auf dem Öko-Sektor zu entwickeln und darüber mit der Bundesregierung zu verhandeln.

Der Gutachter geht davon aus, dass das AKW Stade spätestens 2005 keinen Strom mehr liefern wird. Der Meiler ist seit 29 Jahren am Netz und damit das zweitälteste noch laufende Atomkraftwerk Deutschlands. Im Falle eines Ausstieges aus der Atomenergie steht der Reaktor ganz oben auf der Liste der abzuschaltenden Kraftwerke. Die Bundesregierung, die für heute ein neues Spitzengespräch mit der Energiewirtschaft geplant hat, möchte eine Gesamtbetriebsdauer von 30 Jahren für Atomkraftwerke durchsetzen. Inklusive einer dreijährigen Übergangsfrist für Altanlagen könnte dies die Stilllegung des Stader Reaktors im Jahre 2003 bedeuten.

„Wichtig ist, dass schnell etwas passiert,“ betonte Hohmeyer. Stade müsse auf den Zug mit aufspringen, solange die Politik noch mit den Energiekonzernen über den Atom-Ausstieg verhandele. So könne die Stadt für sich Fördermittel für Ersatzarbeitsplätze herausholen. Wenn die Betreiber von sich aus den Stader Reaktor fallen ließen, sei es schon zu spät. Dann gehe die Stadt leer aus. lni/smv