Werthebachs Denkzettel

Mit einem nur äußerst knappen Ergebnis wird Innensenator Eckart Werthebach (CDU) zum Bürgermeister gewählt. Scharfe Kritik kommt von der SPD

Innensenator Eckart Werthebach (CDU) kann sich nur noch auf den eingeschränkten Rückhalt des Koalitionspartners stützen. Die Mehrheit der SPD-Fraktion verweigerte Werthebach bei der Wahl zum Bürgermeister in der gestrigen Parlamentssitzung die Stimme. Und auch bei der anschließenden Debatte über seinen Haushalt musste Werthebach sich scharfe Kritik vom SPD-Abgeordneten Hans-Georg Lorenz gefallen lassen.

Werthebach wurde nur äußerst knapp mit 89 Stimmen zum Diepgen-Stellvertreter gewählt. Aus der großen Koalition, die über 118 Stimmen verfügt, fehlten Werthebach 29 Stimmen. Schon in der Personaldebatte vor der Abstimmung wurde die Unzufriedenheit der SPD mit dem Innensenator deutlich. SPD-Fraktionschef Klaus Wowereit sparte nicht mit Seitenhieben. „Eine Wahl aus Liebe sei das nicht“, sagte Wowereit und bat Werthebach dafür um Verständnis.

Und das Lob, das CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky über Werthebach geschüttet hatte, relativierte Wowereit merklich: „Wenn der Innensenator endlich den Stellenpool (für Überhangkräfte im Öffentlichen Dienst) einführt, dann wird er noch mehr Lob erhalten, als das heute möglich ist.“ Den vom Parlament beschlossenen Stellenpool setzt Werthebach seit anderthalb Jahren nicht um, was das Land Berlin teuer zu stehen kommt. Nach Berechnungen der Grünen könnten durch die Einführung des Stellenpools mehr als hundert Millionen Mark gespart werden, da Überhangkräfte dann leichter auf freie Verwaltungsstellen versetzt werden könnten.

Doch der eigentliche Streitpunkt zwischen SPD und CDU liegt in der Innenpolitik. In der SPD ist man verstimmt darüber, dass Werthebach die Eingliederung des Landesamtes für Verfassungsschutz in die Senatsinnenverwaltung im Alleingang entschieden hat. Immerhin ist dies keine Petitesse, die der Senator in Eigenregie anordnen kann, sondern hierfür ist eine Gesetzesänderung notwendig. Werthebach braucht dafür im Parlament die Stimmen des verärgerten Koalitionspartners.

Doch zumindest die SPD-Innenpolitiker haben starke Bedenken dagegen, den Verfassungsschutz direkt dem Innensenator zu unterstellen. Der innenpolitische Sprecher der SPD, Hans-Georg Lorenz lehnt dies sogar entschieden ab. Er warf Werthebach gestern vor, den Koalitionspartner im parlamentarischen Verfassungsschutzausschuss „im Handstreich übertölpelt“ zu haben. Werthebach sei „kooperationsunfähig“, sagte Lorenz. „Aber was wäre ein schwarzer Held, wenn er rote Helfer bräuchte.“ Lorenz listete akribisch die innenpolitischen Schwachstellen auf: Die Polizei schiebe einen Berg von Überstunden vor sich her, die Polizeiführung liefere sich einen „täglichen Kleinkrieg“, die Feuerwehr habe an Silvester versagt, der Verfassungsschutz taumele von Panne zu Panne und die Verwaltungsreform stehe an einem kritischen Punkt. Es hätte die Rede eines Oppositionspolitiker sein können. Lorenz schloss mit einer dunklen Drohung: Wenn sich nichts ändere, „wird es in Zukunft Antworten geben, die sich eher zerstörend als erhaltend auf die Koalition auswirken werden“. Gemeint ist wohl, dass die SPD zur Not auch gegen den Koalitionspartner stimmen könne.

Bereits vor kurzem hatte die SPD mit PDS und Grünen Werthebachs Ansinnen torpediert, die Altfallregelung der rot-grünen Bundesregierung auszuhebeln. In den Reihen der CDU-Abgeordneten löste die deutliche Lorenz-Rede belustigtes Kopfschütteln, aber auch Unmut aus.

Die sicherheitspolitischen Differenzen zwischen den Koalitionspartnern traten aber auch in der späteren Rede des CDU-Innenpolitikers Roland Gewalt zutage. Gewalt forderte erneut, was die SPD in den Koalitionsverhandlungen abgeblockt hatte: die Videoüberwachung so genannter gefährlicher Orte, den polizeilichen Todesschuss und einen verlängerten Unterbindungsgewahrsam.

DOROTHEE WINDEN

Zitat:

SPD-INNENPOLITIKER H.-G. LORENZ„Innensenator Eckart Werthebach ist kooperationsunfähig.“ Das zeige sein Alleingang bei der geplanten Eingliederung des Verfassungsschutzes.