Eisern und penibel

Janet Reno, US-Jusitzministerin, hat ultimativ angeordnet, dass der kubanische Flüchtlingsjunge Elián seinem Vater übergeben wird

Dies ist nicht Janet Renos erste Auseinandersetzung mit den Kubanern in Florida. 1980 starben in Miami 18 Menschen bei Unruhen, in denen erstmals das Ressentiment der schwarzen Bevölkerung gegen die Kubaner explodierte. Ein Polizist kubanischen Ursprungs, der einen Schwarzen erschossen hatte, war von einem Geschworenengericht freigesprochen worden. Janet Reno war neu im Amt des Staatsanwaltes.

Nun hat sie wieder ein Problem mit den Kubanern in Miami. Im Sorgerechtsstreit um den kubanischen Flüchtlingsjungen Elián González hatte Reno den Verwandten in Florida eine Frist bis gestern Abend 20 Uhr gesetzt. Bis dahin sollte Eliáns Großonkel den Jungen an den Vater übergeben haben. Andernfalls drohte Reno mit Zwangsmaßnahmen.

Explosionen begleiteten die Karriere von Amerikas erster Justizministerin von Anfang an. Kaum im Amt, fand sie sich 1993 mit der Krise von Waco konfrontiert. Ein Waffennarr, der sich als zweiter Messias gebärdete, hatte sich mit seiner Gemeinde auf einer Farm außerhalb Wacos in Texas verschanzt. Nach zwei Monaten Belagerung gab Janet Reno den Befehl zum Sturm auf den festungsartigen Hof. In dem feurigen Inferno starben 76 Menschen, darunter 27 Kinder. Heute verhandelt ein Zivilgericht darüber, ob deren Tod vom Justizministerium schuldhaft verursacht wurde.

Freunde und Beamte im Justizministerin loben dagegen Renos stählerne Entschlossenheit und penible Genauigkeit. „Niemand, der im Justizministerium ein Memo, einen Schriftsatz oder einen Bericht verfasst, kann davor sicher sein, dass Reno das Papier nicht liest, und wenn da eine Nachlässigkeit drin ist, steht man am nächsten Morgen im Büro der Chefin“, sagt ein Beamter, der nicht genannt sein will. Renos zahlreiche Gegner fordern dagegen ihre Amtsenthebung.

Sie hat zwar mehr Sonderstaatsanwälte zur Ermittlung gegen Regierungsmitglieder bestellt als irgendein Justizminister vor ihr, darunter den Clinton-Sonderermittler Kenneth Starr. In zwei gravierenden Verdachtsfällen aber hat sie ihren Dienstherrn gedeckt: Sie weigerte sich, die dubiosen Wahlkampfspenden chinesischer Provenienz für Clinton und Gore im Jahr 1996 untersuchen zu lassen. Janet Reno war die dritte Frau, der Clinton nach seinem ersten Wahlsieg 1992 das Amt antrug – die beiden anderen fielen durch. Bei ihrer Bestätigung im Senat musste sie sich die Frage nach ihrer sexuellen Ausrichtung gefallen lassen. Einige der Herren vermuteten, sie könnte, weil unverheiratet, lesbisch sein. Janet Reno antwortete, dass sie starke, intelligente Männer liebe. PETER TAUTFEST