Gut gemeint, schwach gestrickt

Energiebewusstes Modernisieren mit zinsgünstigen Krediten: Das Kohlendioxid-Minderungs-Programm der Bundesregierung für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Plattenbauten gilt jetzt auch in den neuen Ländern

von CHRISTOPH RASCH

Der erste Spatenstich in der vorigen Woche schürte Erwartungen. Die Berliner Landesvertretung Nordrhein-Westfalens wird ein leichter Bau mit viel Holz, begrüntem Solardach, Brennstoffzellen und reduzierten CO2-Emissionen – zu besichtigen ab Dezember 2001. Ökologisch und staatstragend schließen sich ja nicht aus, war die frohe Botschaft zu Baubeginn.

Nicht erst seit dem letzten Treffen der G 8-Umweltminister in Japan wird die Verminderung des CO2-Ausstoßes zumindest verbal zur „Chefsache“ gemacht. Doch die Chefs in Deutschland stehen unter Erfüllungsdruck: Seit 1990, konstatiert das Umweltbundesamt, ist der CO2-Ausstoß bundesweit lediglich um 13 Prozent zurückgegangen. Das Ziel, diesen bis 2005 um ein Viertel zu verringern, löst sich sprichwörtlich in Rauch auf.

Um Häuslebauer und -modernisierer zu motivieren, dem NRW-Beispiel zu folgen und Energie sparend zu denken, setzt die Bundesregierung vor allem auf die von ihr finanzierten ökologischen Förderprogramme – neben Vergünstigungen für den Einbau energiesparender Techniken („Ökozulage“) und der geplanten Energiesparverordnung, die Verbrauchskennzahlen für Gebäude beinhalten soll.

Vor vier Wochen wurde das seit 1996 im Westen laufende „CO2-Minderungsprogramm“ auf die neuen Länder und den Ostteil Berlins ausgeweitet. Bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) haben modernisierungswillige Hausbesitzer so Zugang zu zinsgünstigen Krediten. Vor allem Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Plattenbauten sind die Zielgruppe. Zwei Milliarden Mark umfasst das Darlehensvolumen. Gefördert wird die Verbesserung des Wärmeschutzes an der Gebäudehülle sowie der Einbau von Wärmeschutzfenstern, Solaranlagen oder modernen Heizkesseln. Bis zu 300 Mark pro Quadratmeter Wohnfläche kann das Darlehen betragen, das zu einem Zinssatz von 4,5 Prozent gegeben wird. Die Gewährung des Kredites findet über eine vom Antragsteller zu bestimmende Bank oder Sparkasse statt.

Von der Einführung des Minderungs-Programms in den neuen Ländern erhofft man sich auf der politischen Ebene nun einiges: „Damit sind die Weichen gestellt, um den Verpflichtungen des Klimagipfels in Rio nachzukommen und die CO2-Emissionen bis 2005 um 25 Prozent zu senken“, konstatiert Kurt Bodewig, Staatssekretär im Bundesbauministerium. Sein Amtschef Reinhard Klimmt hofft im Osten auf einen Erfolg im Paket: „Verbesserung der Wohnverhältnisse, verringerte Umweltbelastung, Sicherung von Arbeitsplätzen.“

Doch wie viel das Minderungs-Programm in den neuen Ländern tatsächlich zur CO2-Reduzierung beitragen kann, wagt niemand zu schätzen. Auch bei der für die Vergabe zuständigen Kreditanstalt für Wiederaufbau hält man sich mit überschwänglichen Prognosen zurück: „Wir erwarten keinen übermäßig großen Run auf die Fördermittel“, sagt KfW-Sprecher Klaus Becker. Denn das vermeintlich neue Förderprogramm im Osten ist eigentlich ein „Lückenbüßer“, nachdem die CO2-Regelung des alten KfW-Förderprogramms „Wohnraum Mod I“ für die neuen Länder in diesem Jahr wegfiel: „Die beiden Programme sollen sich ergänzen, und bisher hat das gut funktioniert“, so Becker: Die seit 1996 durch die Kredite des Frankfurter Instituts ermöglichten Modernisierungen hätten rein rechnerisch den CO2-Ausstoß um 7 Millionen Tonnen reduzieren können. Allein 1999 schoben KfW-Kredite in Höhe von 4,5 Milliarden Mark im Westen die Modernisierung von 123.500 Wohnungen an. Studien rechnen mit einer dadurch eingesparten CO2-Menge von bis zu 900.000 Tonnen.

Eine ebenso zurückhaltende Einschätzung gibt das Berliner Institut für die Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken. Denn eine dort angefertigte Studie zum Wohnungsbestand der neuen Länder zeigte: Die „wahren Energie-Einsparpotenziale“ liegen nicht bei den zum Teil schon vor 1989 ausreichend gedämmten Platten-, sondern vor allem bei den Altbauten.

Dem von der Politik verbreiteten Optimismus folgte denn auch der Dämpfer: „Das Ziel, den CO2-Ausstoß erheblich zu senken, wird Deutschland verfehlen“, prognostiziert das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). „Die zu schwach gestrickten Minderungs-Programme werden daran auch nichts ändern“, sagt Hans-Joachim Ziesing, Leiter der Energie-Abteilung des DIW: „die Programme sind undurchsichtig und zu wenig bekannt.“ Ziesing setzt stattdessen auf die für 2001 erwartete Energiesparverordnung und hofft auf den „Wärmepass fürs Eigenheim“: „Mit individuellen Vergleichszahlen können wir mehr anfangen als mit schwammigen Prognosen“, so der DIW-Mann.

Infos zum CO2-Minderungs-Programm: Kreditanstalt für Wiederaufbau, Telefon 0 18 01-33 55 77.