Unter den Augen der Polizei

Zum ersten Mal ist ein weißer Farmer, dessen Besitz von ehemaligen Befreiungskämpfern besetzt ist, erschossen worden. Damit könnte die Lage in Simbabwe weiter eskalieren. Präsident Mugabe ruft die Besetzer zum Weitermachen auf

von KORDULA DOERFLER

Die seit Wochen andauernden Farmbesetzungen in Simbabwe durch ehemalige Kriegsveteranen haben am Wochenende mit der Ermordung eines weißen Farmers eine neue Stufe der Eskalation erreicht. Die genauen Umstände der Tat waren gestern bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt. Laut Angaben von mehreren Farmern war ihr Kollege Dave Stevens am Samstag zunächst entführt und dann regelrecht exekutiert worden.

Ein Augenzeuge der Tat, der Farmer John Osborne, sagte gestern, er und Stevens seien von mehreren Männern aus einer Polizeistation im Bezirk Marondera etwa 120 Kilometer östlich der Hauptstadt Harare entführt worden. Osborne, Stevens sowie ein weiterer Farmer hatten zuvor auf der Polizeiwache Zuflucht gesucht, nachdem sie einem ihrer belagerten Kollegen in der Gegend hatten zu Hilfe kommen wollen. Auf der von Kriegsveteranen besetzten Farm wurden Osborne, Stevens sowie vermutlich vier weitere Farmer umzingelt. Drei von ihnen, darunter Osborne und Stevens, flüchteten auf die nächste Polizeiwache. Wie Osborne weiter sagte, hätten sich ihre Entführer als Kriegsveteranen bezeichnet. Osborne entkam und wurde verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert, hatte aber zusehen müssen, wie Stevens erschossen wurde. Die Polizei habe nichts unternommen.

Präsident Robert Mugabe setzt indessen weiter auf Konfrontation und erklärte, die Farmbesetzungen würden weitergehen. Die ehemalige Kolonialmacht Großbritannien kündigte gestern an, den simbabwischen Botschafter in London zu einem Gespräch zu bitten und die Regierung in Harare aufzufordern, den ungesetzlichen Farmbesetzungen sofort ein Ende zu machen. „Das ist genau die Art von Eskalation, die wir befürchtet haben, seitdem es in Simbabwe kein geltendes Recht mehr gibt“, sagte Außenminister Robin Cook während eines Aufenthalts im indischen Neu-Delhi.

Der erste Mord an einem Farmer lässt nun viele Simbabwer das Schlimmste befürchten. Mehrere Farmersfamilien in der Region Marondera sind bereits von ihrem Land geflohen. Trotz eines neuen Gerichtsurteils sind noch immer über 500 Großfarmen besetzt. Der militante Chef der Kriegsveteranen, Chenjerai „Hitler“ Hunzvi, weigerte sich am Samstag erneut, die ehemaligen Guerilleros zurückzupfeifen. „Ich habe nicht die Macht, um die Veteranen von ihrem Mutterland wegzuholen“, sagte Hunzvi vor Anhängern. „Und selbst wenn ich sie hätte: Ich habe sie nicht dorthin geschickt.“

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