Kasse gegen Kasse

Die Kassen bekommen den Mitgliederschwund nicht in den Griff: Jetzt soll die Politik mit Verboten helfen

BERLIN dpa/taz ■ Seit gestern häufen sich die Handlungsempfehlungen an die Bundesgesundheitsministerin, dafür zu sorgen, dass die großen Ersatzkassen nicht in eine finanzielle Schieflage geraten. Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, Klaus Kirchner (SPD), will Ersatzkassen und AOK künftig davor schützen, dass ihnen die Mitglieder bei einer Beitragserhöhung die Treue aufkündigen können. Kirchner plädiert dafür, dieses Sonderkündigungsrecht noch vor der parlamentarischen Sommerpause abzuschaffen.

Er teile die Sorge von AOK und Ersatzkassen über die Abwanderung von Versicherten zu billigen Betriebskrankenkassen, sagte Kirchner. Vor allem die großen Ersatzkassen gerieten unter einen Beitragsdruck. Zu Wochenbeginn hatten die Chefs von AOK und DAK Beitragserhöhungen im nächsten Jahr nicht ausgeschlossen. Als Grund nannten sie die Abwanderung von knapp einer Million Versicherten zu den preiswerteren Betriebskassen.

Gestern wurde auch ein Vorschlag des Verbandes der Angestellten-Ersatzkassen VdAK veröffentlicht, wonach künftig für alle Kassen ein einheitlicher Beitragssatz von 12,7 Prozent gelten soll. Dieses Papier ist allerdings bei den Ersatzkassen selbst heftig umstritten. Es ermutige nachgerade Betriebskrankenkassen, die derzeit darunter lägen, zu einer Kostenexplosion, kritisiert ein Ersatzkassen-Sprecher. Ebenso wenig können sich Arbeitgeber und Vertreter der gescholtenen Betriebskrankenkassen mit der Idee anfreunden. Der Wettbewerb zwischen den Kassen müsse möglichst frei bleiben, hieß es. Arbeitgeberpräsident Hundt erklärte, ein Mindestbeitrag hätte für Versicherte und Arbeitgeber zusätzliche Zwangsabgaben zur Folge. Er forderte die großen Krankenkassen auf, „sich vielmehr selbst für den Wettbewerb um Mitglieder fit zu machen“.

Auch das Bundesgesundheitsministerium sprach sich gegen einen „Schnellschuss“ aus. Ein Sprecher sagte zur taz, der Wettbewerb sei vom Gesetzgeber gewollt. Das Gesundheitssystem stehe in diesem Jahr auf einer soliden Grundlage. roga