: Nur eine bleibt im Knast
Der Hungerstreik der Ukrainerinnen im Abschiebegewahrsam ist nach 61 Tagen beendet. Vier kamen frei, doch Lyudmila O. bleibt trotz Meldeadresse in Haft. Grüne fordern Freilassungvon MARINA MAI und DOROTHEE WINDEN
Die 22-jährige Lyudmila O. ist die einzige der fünf Ukrainerinnen, die nach dem Ende des mehrwöchigen Hungerstreiks weiterhin im Abschiebegewahrsam einsitzt. Der Abgeordnete Hartwig Berger (Grüne) forderte gestern ihre sofortige Freilassung. „Die ukrainische Botschaft ist offensichtlich nicht bereit, ihr einen Pass auszustellen“, sagte Berger. Die Ukraine zeige grundsätzlich wenig Interesse, Leute wieder aufzunehmen. Da eine Abschiebung mangels Papieren nicht möglich sei, müsse die Haft beendet werden. Lyudmila O. habe nachweislich eine Meldeadresse in Berlin, so Berger. Sie weiterhin festzuhalten, sei willkürlich.
Die 22-Jährige, die den Hungerstreik bereits vor 10 Tagen beendet hat, sei noch nicht in der Lage, wieder Anstaltskost zu sich zu nehmen, berichtete Berger, der sie zuletzt am Mittwoch besucht hatte. Von Seiten des Abschiebegewahrsams sei die langsame Wiederaufnahme von Nahrung nicht unterstützt worden. Ohne die Hilfe einer Pastorin, die Lyudmila O. täglich mit Reisbrei, Jogurt und geriebenem Apfel versorge, wäre sie völlig auf sich selbst angewiesen, berichtete Berger. Die 22-Jährige, die lediglich ein Beruhigungsmittel erhält, habe Kreislaufprobleme und sei auch noch zu schwach für einen Freigang im Hof. Die Antirassistische Initiative forderte, Lyudmila O. in ein Krankenhaus zu verlegen. Der Sprecher der Innenverwaltung erklärte hingegen, die Frau sei „gewahrsamsfähig“ und werde nicht entlassen.
Soja S. hat ihren Hungerstreik als letzte der 5 Ukrainerinnen nach 61 Tagen beendet. Sie war in der Nacht zu Donnerstag aus dem Haftkrankenhaus Moabit in eine Klinik ihrer Wahl gebracht worden. Medizinische Gründe seien ausschlaggebend gewesen, sagte der Sprecher der Innenverwaltung. Die 37-Jährige, hat insgesamt 18 Kilo Körpergewicht verloren und konnte sich zuletzt nur noch im Rollstuhl fortbewegen. In der Klinik wird sie mit Infusionen langsam wieder an normale Nahrung gewöhnt, sagte ihre Anwältin Christina Clemm.
Soja S. hatte zusammen mit 4 weiteren Ukrainerinnen gegen ihre monatelange Abschiebehaft protestiert. Drei waren in den letzten Wochen freigelassen worden, davon eine aus gesundheitlichen Gründen. Bei zwei Frauen hatten Haftrichter befunden, dass nicht die Frauen selbst, sondern deutsche und ukrainische Behörden die Ausstellung von Papieren und damit die Abschiebung verschleppt hätten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen