„Nie wieder Krieg“ zu den Akten gelegt

■ Mehr als 600 Teilnehmer bei Ostermarsch in Hamburg. Rot-Grün scharf angegriffen.

Trotz des Regenwetters haben sich gestern mehr als 600 Menschen am traditionellen Ostermarsch beteiligt und sich gegen eine „Militarisierung der Politik“ gewandt. Die Kundgebung stand unter dem Motto: „Gegen die Militärlogik: Bundeswehr abrüsten! Keine deutschen Waffen an die Türkei!“

Auch in diesem Jahr stand der Nato-Krieg gegen Jugolawien wieder im Mittelpunkt der Ostermarschreden. In ungewöhnlich scharfer Form ging vor allem Pastor Söhnke Wandschneider von der Wandsbeker Christuskirche mit der rot-günen Bundesregierung ins Gericht und „warnte“ vor Kanzler Gerhard Schröder, Außenminister Joseph Fischer und Verteidigungsminister Rudolf Scharping. „Das Trio Schröder, Fischer, Scharping“ habe es zu verantworten, dass Deutschland im Vorjahr zum dritten Mal innerhalb von hundert Jahren Krieg gegen Serbien geführt habe. „Es ging nicht um die Verteidigung von Menschenrechte, sondern ausschließlich um die Rechte des Stärkeren.“ Dabei habe die Nato nicht davor zurückgeschreckt, „international geächtete Waffen“ wie Splitterbomben und uranhaltige Granaten einzusetzen.

Der rot-grünen Bundesregierung sei es vorangig darum gegangen, zu zeigen, „dass wir wieder wer sind.“ Dafür habe sie, so Wandschneider, in „unverantwortlicher Weise“ das Grundgesetz verletzt und „die Losung ,Nie wieder Krieg' zu den Akten gelegt“.

Für Wandschneider haben sich zudem die Grünen endgültig aus der Friedensbewegung verabschiedet. Seiner Ansicht nach wird dies besonders durch Joschkas Fischers Aufrufe zur Bildung von „eigenständigen europäischen Krisenreaktionskräften“ und „Kriseninterventionskräften“ deutlich. Wandschneider: „Intervention heißt eigenständig Krieg zu führen.“

Dalibor Jerinic von der deutsch-jugoslawischen Friedensinitiative verlangte in seiner Rede ein sofortiges Ende der Sanktionen gegen Jugoslawien und Wiedergutmachung auch von Deutschland. „Die am Krieg beteiligten Länder müssen für die Zerstörungen aufkommen“ forderte er. Denn den Menschen bleibe keine Alternative, als in den „vernichteten und verstrahlten Regionen zu leben – weil es unsere Heimat ist.“

Auf einer Zwischenkundgebung vor dem türkischen Konsulat verlangte Bernd Hanfeld vom Hamburger Forum einen Stopp der Waffenlieferungen an die Türkei. Der Nato-Partner Türkei möchte – wie berichtet – Leopard II-Panzer kaufen, um diese im Krieg gegen die Kurden einzusetzen.

Die Szenerie der Abschluss-kundgebung an den Landungsbrücken beherrschten vor allem die traditionellen Friedensaktivisten und Stände von DKP und PDS – man verabschiedete sich mit: „Wir sehen uns spätestens am 1. Mai wieder.“ Kai von Appen