: Ein freies Wort – Hackmack zu Ehren
■ Ein Sozialist wurde 1945 erster „Lizenzträger“ für den Weser Kurier: Eine Ausstellung feiert Hans Hackmack und das Zeitungsmonopol
Am 11. April wäre Hans Hackmack 100 Jahre alt geworden, heute ehrt der Bremer Senat mit dem alten Sozialisten den ersten Lizenzträger des Weser Kurier nach dem Kriege. „Nur in der sozialistischen Gesellschaft“, hatte der 19-jährige Hackmack in der Bremer Arbeiter-Zeitung geschrieben, „in der politisch niemand deswegen einflussreicher ist, weil er wirtschaftlich günstiger dasteht, kann sich das Verantwortungsgefühl des Staatsbürgers bis zum Höhepunkt der ständigen politischen Aktivität steigern.“ Die Sozialdemokratie war damals gespalten, Hackmack ein Kopf der radikaleren „Unabhängigen“ (USPD) und eifriger Gegner der „Mehrheitssozialisten“ (MSPD). Diesen Mehrheitssozialisten warf er die „glatte Kapitulation vor der Idee des Bürgertums“ vor, die Partei der Mehrheitssozialisten „schachert um die Pöstchen und ist es zu guter Letzt zufrieden, wenn Fritz Ebert sich als Konkursverwalter der totgeprügelten deutschen Revolution annimmt.“ Die Mehrheitssozialisten stimmten damals auch der Einführung einer „Reichswehr“ im Reichstag zu, Hackmack sah darin 1919 „ein Stück Wiedereinführung des Militarismus“ und polemisierte gegen den „Untertanengeist“ der deutschen Gesellschaft. In der Nazizeit zog sich Hackmack nicht zurück wie andere Bremer Sozialdemokraten (zum Beispiel Wilhelm Kaisen), sondern beteiligte sich an Widerstandsaktionen. Er wurde wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ 1935 zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt.
Aber es ist nicht dieser Hackmack, der in diesen Tagen mit der Ausstellung im „Packhaus“ geehrt wird. Nach dem Kriege hatten die Amerikaner in der britischen Besatzungszone wegen der Hafen-Anbindung für sich die „Enklave Bremen“ eingerichtet und Hackmack die Lizenz für eine neue Zeitung übertragen. In Anlehnung an die liberale Bremer „Weser-Zeitung“, die 1933 verboten worden war, sollte sie Weser Kurier heißen. Der alte Hackmack war in seiner neuen Rolle als Unternehmer nicht mehr wiederzuerkennen. Eine kleine Anekdote, die in der Ausstellung zu sehen ist, mag dies verdeutlichen: Als im November 1945 der Leser Dr. Richard Pürschel monierte, dass in dem Bericht des Weser Kurier über eine Sonderfeier im Dom für die Toten des 2. Weltkrieges die Anwesenheit des Senats nicht erwähnt worden war, da antwortete Hackmack dem Kritiker, er habe dem verantwortlichen Redakteur deshalb einen „Verweis“ erteilt. Während es in der Weimarer Republik in Bremen mehrere Zeitungen gegeben hatte, war der Weser Kurier nach 1945 die einzige erlaubte Tageszeitung. 1947 bekam in Bremerhaven die Nordsee Zeitung von der Besatzungsmacht eine Lizenz, erst 1949 konnten auch die konservativen Bremer Nachrichten wieder erscheinen.
Hackmack gab in den 50er Jahren die Hälfte seiner Anteile am Weser Kurier an den damaligen Geschäftsführer Hermann Rudolf Meyer ab, der dann das Sagen in dem Blatt hatte. 1960 zog er sich aus der Geschäftsführung zurück. Meyer gelang es, die zweite Bremer Tageszeitung (Bremer Nachrichten) vom Markt zu verdrängen und schrittweise bis zum Ende der 70er Jahre zu übernehmen. „Schünemann konnte mit seinen Bremer Nachrichten die starke Stellung des Weser Kurier nicht mehr erschüttern“, umschreibt die Ausstellung diesen Vorgang.
Zwar hatte sich auch Hans Hackmack mit seiner eigenen Belegschaft heftig angelegt, offenbar war er aber später dann wieder in besserer Erinnerung. Die zur Wiederbelebung der Pressevielfalt in Bremen Mitte der 70er Jahre gegründete Monatszeitung „Bremer Blatt“ zitierte in einem Zeitungsstreik 1977 den Betriebsrat des Weser Kurier-Zeitungsverlages Helmut Lachmann mit den Worten: „Hackmack würde sich im Grabe herumdrehen, wenn er sehen würde, wie sich die Erben Jahr für Jahr die Millionen in die Taschen schieben ... “
K.W.
Die Ausstellung „Hans Hackmack – Ein Leben für das freie Wort“, wissenschaftlich begleitet von Renate Meyer-Braun und Klaus auf dem Garten, ist noch bis zum 5. Mai im „Packhaus“, Eingang Wüste Stätte (gegenüber dem Teestübchen), zu sehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen