Äthiopien und Eritrea wollen endlich verhandeln

Indirekte Gespräche in Algerien am Wochenende. Die zunehmende Not der Bevölkerung setzt Äthiopiens Regierung unter Druck

BERLIN taz ■ Die Chancen auf ein Ende des Krieges zwischen Äthiopien und Eritrea steigen. Äthiopiens Außenminister Seyoum Mesfin sagte am Donnerstag zu, ab heute in der algerischen Hauptstadt Algier an indirekten Verhandlungen mit Eritrea teilzunehmen. Eritreas Regierung hatte schon vergangene Woche ihre Teilnahme an den Gesprächen zugesagt, bei denen es um die Umsetzung eines Friedensplanes der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) geht. In Algier finden am Wochenende diverse Beratungen über verschiedene afrikanische Konflikte statt.

Äthiopien und Eritrea kämpfen seit 1998 um mehrere umstrittene Wüstengebiete entlang ihrer Grenze. Der Krieg hat nach unabhängigen Schätzungen bis zu 100.000 Tote gefordert. Die OAU erarbeitete im November 1998 einen Friedensplan, wonach beide Seiten sich auf die Vorkriegsgrenze zurückziehen sollen und dann eine unabhängige Kommission die gegensätzlichen Ansprüche studiert. Eritrea, zunächst gegen den Plan, hat ihn mittlerweile akzeptiert, aber Äthiopien hadert noch mit den Vorschlägen zu seiner technischen Umsetzung.

Eine von der OAU für den 25. März angesetzte Gesprächsrunde, um die Differenzen auszuräumen, war damals abgesagt worden. Seitdem jedoch hat die drohende Hungersnot in Teilen Äthiopiens die äthiopische Regierung in Zugzwang gebracht. Eritrea hat derweil mit seinem von Äthiopien abgelehnten Angebot, den eritreischen Hafen Assab für Hilfslieferungen zur Verfügung zu stellen, diplomatische Punkte gesammelt.

Auf einem Wirtschaftsforum räumte Äthiopiens Premierminister Meles Zenawi am Mittwoch erstmals ein, dass der Krieg die äthiopische Wirtschaft schwer belaste und daher die Dürre eine besonders großes Problem darstelle. „Wir haben in den beiden letzten Jahren eine Wahl getroffen, und dies hat Folgen für unsere Wirtschaft gehabt“, sagte er auf den Krieg bezogen. „Die jetzige Krise, provoziert durch die Dürre, symbolisiert in trauriger Weise die enormen Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen, um das Überleben unseres Landes und eine würdige Existenz für unsere Bevölkerung zu sichern.“

Bisher hatten äthiopische Regierungsvertreter Zusammenhänge zwischen Krieg und Hunger stets heruntergespielt. Catherine Bertini, Chefin des UN-Welternährungsprogramms WFP, warnte jedoch diese Woche in einem Bericht, die Zahl der Hilfsbedürftigen in der Region könne demnächst dramatisch steigen, wenn im Mai die saisonalen Regenfälle erneut ausfallen sollten.

Am 14. Mai finden in Äthiopien Parlamentswahlen statt, die die Regierung unter zusätzlichen Druck stellen. Mehrere Oppositionsgruppen haben einen Wahlboykott angekündigt und zu diesem Zweck ein Bündnis geschlossen. Die Oromo-Befreiungsfront (OLF), die im Süden des Landes gegen die Reigerung kämpft, hat ein Referendum über die Schaffung eines unabhängigen Oromo-Staates gefordert. Zu der angespannten Situation trägt auch bei, dass immer mehr Menschen aus den Hungergebieten in andere Landesteile ziehen.

DOMINIC JOHNSON