RUDI DRÜCKT SICH
: Sozialdienst statt Wehrpflicht

Rudolf Scharping ist der oberste Chef der Bundeswehr. Das sieht ihm zum Glück keiner an – und manchmal scheint er selbst nicht einmal daran zu glauben. Deshalb drückt er sich auch konsequent vor jeder Entscheidung: Wie groß die Bundeswehr sein soll? Warum sie immer mehr Geld bekommen soll? Oder: Brauchen wir noch die Wehrpflicht?

Dazu schweigt Scharping – oder er parliert er über Wehrgerechtigkeit, also das Recht für jedermann, mal im Panzer durch das Kosovo zu düsen. Wer Glück hat, darf vielleicht sogar ballern. Schließlich hat Deutschland nun große Pflichten in Europa und der Welt.

Nur eins ist klar: Sie bleiben uns erhalten, die „Bürger in Uniform“ – wie sie seit den Fünfzigern so schön heißen. Aus dieser Zeit stammt auch die Überzeugung, dass die Wehrpflicht nötig sei, um eine „Wehrmacht“ als Staat im Staate zu verhindern, die womöglich selbst über Krieg und Frieden entscheiden könnte. Diese Gefahr sieht heute kaum einer, weshalb die Wehrpflicht bloß ein Relikt in der aktuellen Diskussion ist. Mal abgesehen davon, dass künftig in der Bundeswehr 200.000 Zeit- und Berufssoldaten alle Aufgaben erfüllen können.

Nur: Die Debatte um die Wehrpflicht verdrängt, dass schon jetzt nur die Hälfte der Betroffenen überhaupt schießen lernt. Ebenso viele leisten Zivildienst. Schaffte man die Wehrpflicht ab, verschwänden auch die Zivis – und ohne die könnten viele Krankenhäuser dichtmachen. Um diese grundlegende Debatte drückt sich nicht nur Scharping, sondern ganz Rot-Grün.

Wer also eine sinnvolle Reform der Bundeswehr will, der muss ein soziales Jahr zur Pflicht machen – für Männer und Frauen. Das wäre eine zeitgemäße Form der „Wehrgerechtigkeit“ und gäbe jedem die Chance, Verantwortung für die Gesellschaft zu übernehmen. DANIEL HAUFLER

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