Hans „Dampf“ Koschnick war klasse

■ Lebendige Kundgebung auf dem Bremer Domshof zum 1. Mai

Der 1. Mai ist ein großes Klassentreffen, vor allem, wenn das Wetter stimmt. Einige tausend Menschen kamen auch gestern mit dem Demonstrationszug auf den Marktplatz, vorneweg die Gewerkschaft ÖTV, die DKP in voller Besetzung, die GEW fröhlich singend, die IG Metall mit alten roten Faust-Attrappen. „Ich habe es geschafft, dass Henning Scherf mir nicht die Hand gedrückt hat“, gesteht ein alter Bekannter – Ulrich Nölle, einst die Bürgermeister-Hoffnung der Bremer CDU.

„Wir freuen uns natürlich auf den Bürgermeister“, krächzt ferne eine Stimme aus den Lautsprechern. Die in den hinteren Reihen redeten auch lieber mit Kollegen und tranken ihr Bierchen. Helga Ziegert, die DGB-Vorsitzende, wünschte, dass die Arbeitnehmer nicht nur an dem Aufschwung teilhaben, wenn sie Aktienbesitz haben. Überstunden im Umfang von 9.000 neuen Stellen würden in Bremen gemacht. Der Öffentliche Dienst solle einen „fairen Anteil“ haben an der Einkommenssteigerung. An dieser Stelle gibt es Applaus aus der ÖTV-Ecke, und Henning Scherf, der Tarifgegner, steht mittendrin und gehörte auch dazu. „Dieselbe Rede hat sie doch schon beim Mahl der Arbeit vorgelesen“, mosert ein Gewerkschafter.

Der Ex-Bürgermeister ist schließlich der Hauptredner dieses 1. Mai. Hans Koschnicks Sprache ist weniger hölzern. Gerechtigkeit, Freiheit, Teilhabe, auch für ihn ist der 1. Mai ein Feiertag der wichtigen Allgemeinheiten. Konkret wird er an der Stelle, wo es um Bildung und Ausbildung geht, also um Lebenschancen und um Zukunft: „Das darf nicht fallen gelassen werden mit Hinweis auf knappe staatliche Finanzmittel“, ruft er. Viel Beifall. K.W.