Sich wehren, so gut es geht

Die Gewerkschafterin: Simone Näthke wurden schon zweimal wegrationalisiert

Stand der Deutschen Postgewerkschaft auf der DGB-Zentralveranstaltung am Roten Rathaus

Ich arbeite als Briefzustellerin fürs Bundeskanzleramt. Ich bringe auch die Post für Herrn Schröder. Wenn die Leute an die Regierung schreiben, schicken sie ihre Briefe ins Kanzleramt. Die Post für Bundespräsident Rau und Frau Merkel landet auch oft bei mir. Am Samstag war ein Brief an Walter Ulbricht dabei. Da habe ich dann den Vermerk „verstorben“ draufgemacht.

Seit der Wende hat sich schon einiges verändert. Früher habe ich am Schalter gearbeitet, im mittleren Dienst. Heute bin ich geistig nicht mehr so gefordert. Dabei hat die Arbeitsbelastung stark zugenommen, weil die Post ihre Zustellbezirke vergrößert hat. Inzwischen kriegen wir sogar eine Erschwerniszulage, weil unsere Wagen so schwer sind.

Wehren muss man sich – so gut es eben möglich ist. Sonst machen die Arbeitgeber mit einem, was sie wollen. Wenn man bedenkt, was sich die Post gegenüber ihren Beschäftigten in letzter Zeit geleistet hat – in Sachen Arbeitsplatzabbau und so. Ich bin schon zweimal wegrationalisiert worden. Aber es gibt mich immer noch. Im Zuge der Postreform haben sie 1994 die Arbeitsplätze neu bemessen und jede zweite Stelle war plötzlich überflüssig. Meine gehörte auch dazu. Das einzige, was sie mir anbieten konnten, war die Postzustellung. Doch mein Revier ist dann auch noch weggefallen und ich standwieder ohne Job da.

Ich finde es wichtig, dass sich die Mitglieder organisieren. Aber viele Kollegen sehen das leider nicht so. Da wird etwas von oben beschlossen und am Ende ist dann der Betriebsrat schuld.

Dabei hat mir die Jugendvertretung der DPG sehr geholfen, als ich vor zehn Jahren meine Ausbildung begonnen habe. So bin ich auch zur Gewerkschaft gekommen. Ich war dann sogar kurzzeitig Vorsitzende der Jugendvertretung Ostberlin. Heute gehöre ich der Regionalverwaltung Mitte und Südwest an.

Mit unserem Stand wollen wir die Leute in erster Linie informieren. Darüber, das es uns gibt und was bei uns so läuft. Viele kennen die DPG gar nicht. Ich bin lieber hier am Stand als auf der Demo. Politische Forderungen zum 1. Mai? Na ja, wir repräsentieren halt die Gewerkschaft.

Doch 90 Prozent von denen, die an den Stand kommen, nehmen einfach bloß Infomaterial mit. Die wenigsten, die hierher kommen, fragen wirklich mal nach. Protokoll: NICOLE MASCHLER