DIE ELEKTRONISCHE FUSSFESSEL ALS BEWÄHRUNGSHELFER
: CDU und FDP wollen Knäste leeren

Der Streit um den Einsatz der elektronischen Fußfessel zieht sich schon seit Jahren durch die kriminalpolitische Diskussion der Bundesrepublik. Die Befürworter in den Justizministerien verweisen darauf, dass die elektronische Anbindung eines Häftlings an einen zentralen Computer für den Verurteilten von Vorteil sei. Er dürfe seine Strafe statt in der Zelle in den eigenen vier Wänden absitzen. Dass er sich nicht im Schwimmbad aalt oder in der Kneipe herumhängt, überwacht der Sender unter der Socke. Nur für festgelegte Wege und Zeiten zur Arbeit oder eventuelle Einkäufe gibt er den Weg frei, ohne Alarm zu schlagen.

Für die Freunde des harten Strafens war dieses Konzept stets eine Einladung zum Rechtsbruch. Seit gestern scheint das anders. Um die gegenseitige Blockierung bei der Einführung des elektronischen Justizhelferleins zu durchbrechen, hat die hessische CDU/FDP-Regierung nun ein zweijähriges Pilotprojekt gestartet: Hatte man die elektronische Fußfessel bisher in erster Linie als Ersatzfreiheitsstrafe bei kleineren Delikten oder als Kontrolle einer Reststrafe gedacht, soll sie nun als Bewährungsauflage benutzt werden. Damit jedoch wird der Sinn der elektronischen Fußfessel, eine Humanisierung des Strafvollzuges, konterkariert. Das hessische Pilotprojekt ist in Wahrheit der Testlauf für eine neue, zusätzliche Strafform.

Doch: Der Peilsender hat bei Bewährungsauflagen nichts zu suchen. Ihr Sinn ist es, den straffällig Gewordenen in seinem sozialen Umfeld zu belassen oder ihn möglichst unauffällig wieder dort einzugliedern. Durch die elektronische Fessel wird genau dies verhindert, indem Arbeitgeber verpflichtet werden, die Einhaltung der Arbeitszeiten zu überwachen; indem unangekündigte Hausbesuche des Überwachungspersonals die Einhaltung des Alkoholverbotes überprüfen und die Delinquenten für die Dauer ihrer Strafverbüßung vom sozialen Leben ausgeschließen. Eine (weitere) Stigmatisierung der Betroffenen ist programmiert.

CDU und FDP wollen so die übervollen deutschen Knäste von Häftlingen mit Kurzstrafen entrümpeln – Häftlingen, die ohnehin nicht in ein Gefängnis gehören. Wer etwa Geldstrafen nicht bezahlen kann, hat dort nichts zu suchen. Auch für kleinere Diebstähle oder Verkehrsverstöße sind andere Formen der Sühne denkbar. Die Initiative der konservativen hessischen Regierung hat mit einem humanen Srafvollzug nichts im Sinn. Im Gegenteil: Statt einer dringend notwendigen Strafrechtsreform will sie auf kostengünstige Weise zusätzliche Haftplätze schaffen. Ob sie dabei schon an Kanther & Co. dachte? OTTO DIEDERICHS