Rendite von der Umwelt

Seit 1. April ist es Gesetz: Für jede Kilowattstunde Sonnenstrom, die ins öffentliche Stromnetz eingespeist wird, gibt es 99 Pfennig. Die Photovoltaikanlagen rechnen sich

Die neu geregelte Einspeisevergütung hat die Nachfrage nach Photovoltaikanlagen sprunghaft ansteigen lassen. Sie hat aber auch Debatten ausgelöst, ob mit diesem Betrag ein wirtschaftlicher Betrieb solcher Anlagen möglich ist.

Auf den ersten Blick heißt die Antwort: ja. Eine Solaranlage für 50.000 Mark produziert je nach Standort etwa 3.000 Kilowattstunden Strom im Jahr, bringt also rund 3.000 Mark. Das wären sechs Prozent Rendite. „Viel besser sind Pfandbriefe auch nicht“, stand im Januar in der Umweltbeilage der taz. Dieser flapsige Vergleich stieß auf heftige Kritik. Nicht nur, weil man bei Pfandbriefen am Ende der Laufzeit auch das investierte Kapitel zurückbekommt. In der Rechnung wurden auch Wartungskosten und die inzwischen übliche Versicherung der Anlage ausgeklammert. Werden diese Kosten mit eingerechnet, dauert es etwa 22 Jahre, bis die Investitionskosten von 50.000 Mark über die Einspeisegebühren wieder hereingekommen sind. Eine Solaranlage amortisiert sich also innerhalb ihrer Lebensdauer. Rendite im Sinne einer Kapitalanlage ist das freilich nicht.

Ähnliches gilt bei einer Finanzierung über das 100.000-Dächer-Programm. Hier entspricht die Höhe der Vergütung, die über die Lebensdauer der Anlage eingenommen wird, in etwa der Summe der Tilgungszahlungen. Die müssen allerdings schon in den ersten zehn Jahren geleistet werden. Betriebswirtschaftlich gerechnet ist dies wegen des Zinsverlustes kein Geschäft.

Doch welcher Hausbesitzer, der plötzlich die Möglichkeit sieht, sich zu kalkulierbaren und bezahlbaren Kosten ein eigenes Solarkraftwerk anzuschaffen, rechnet schon streng betriebswirtschaftlich? Für ihn ist es zweitrangig, ob die Solaranlage sich in 18 oder 23 Jahren amortisiert oder er betriebswirtschaftlich gesehen am Ende noch im theoretischen Minus steht. Denn in diesen 20 Jahren kann viel passieren, was alle Rechnungen durcheinanderbringt.

Entscheidend sind die Zinsen, die die Umwelt zahlt: Jede Kilowattstunde Sonnenstrom erspart unserer Luft ein Kilogramm Kohlendioxid und unseren Nachkommen ein bisschen Atommüll. Und sie verringert den Profit der Stromversorger. Diese versuchen in zahlreichen Fällen mit überhöhten Anschlusskosten, rechtlich fragwürdigen Einspeiseverträgen und anderen Tricks, bauwilligen Sonnenfreunden das Leben schwer zu machen. „Die uns mittlerweile bekannte Auswahl an Fehlinformationen ist grotesk“, schreibt beispielsweise der Aachener Solarenergie-Förderverein. Auch die Banken, über die eine Förderung nach dem 100.000-Dächer-Programm beantragt werden muss, sind noch nicht alle im Solarzeitalter angekommen. In einem Test des ZDF-Umweltmagazins „planet e“ boten nur drei von zehn Banken ihren Kunden die zinslosen Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) an. Wer bei seiner Hausbank ebenfalls auf ignorante Sachbearbeiter stößt, kann sich an die Frankfurter Ökobank oder die Umweltbank in Nürnberg wenden. Beide Institute haben bereits zahlreiche Anträge für das 100.000-Dächer-Programm abgewickelt. LEO FRÜHSCHÜTZ