„Das Ziel ist politische Einschüchterung“

Simbabwes Regierung versucht jegliche Opposition mundtot zu machen, sagt Munyaradzi Bidi, Direktor der Menschenrechtsorganisation Zimrights. Er warnt: „Jetzt drohen die Dinge außer Kontrolle zu geraten“

Munyaradzi Bidi, 30, ist der Direktor der simbabwischen Menschenrechtsorganisation Zimrights. Vor sieben Jahren gegründet, ist Zimrights mit rund 16.000 Mitgliedern eine der profiliertesten zivilgesellschaftlichen Organisationen des Landes. Sie will sich ausdrücklich als überparteilich verstanden wissen. Zimrights gehört auch zur Nationalen Verfassunggebenden Versammlung (NCA), einem breiten Bündnis aus verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, das seit zwei Jahren versucht, eine neue demokratische Verfassung für das Land auszuarbeiten.

taz: Wie würden Sie den derzeitigen Zustand der Menschenrechte in Simbabwe beschreiben?

Bidi: Der Niedergang der Menschenrechte in Simbabwe dauert schon seit Jahren an. Seitdem die Regierung im Februar diesen Jahres die Abstimmung über eine neue Verfassung verloren hat, haben wir jedoch einen neuen traurigen Höhepunkt erreicht. Die Regierung hat die Niederlage als politischen Aufstand interpretiert und geht seither mit zunehmender Aggressivität gegen Gegner vor. Jetzt drohen die Dinge außer Kontrolle zu geraten. Heute befindet sich Simbabwe im Zustand der Anarchie, in der die Polizei ihren verfassungsmäßigen Pflichten nicht mehr nachkommt.

Ist der Zustand der Anarchie schon erreicht, oder ist das Land noch auf dem Weg dorthin?

Ich würde sogar noch weiter gehen. Simbabwe befindet sich zwanzig Jahre nach der Unabhängigkeit erneut in einem Kriegszustand. Das ist zwar kein Krieg, in dem mit Waffen gegeneinander gekämpft wird. Es kommt aber darauf an, wie man Krieg definiert. Ich zähle dazu all das, was wir längst haben: der allgemeine Verfall von Recht und Ordnung, schwere Menschenrechtsverletzungen mit Folter, Einschüchterung und Mord, die Missachtung von Gerichtsurteilen und auch die Dienstverweigerung der Polizei.

Die politische Krise von Simbabwe geht also weit über die spannungsgeladene Landfrage hinaus?

Die Regierungspartei hat den Konflikt bewusst geschürt und missbraucht die Landfrage zu politischen Zwecken. Das Ziel dabei ist klar: Einschüchterung im Vorfeld der Parlamentswahlen. Hätte Mugabe eine Landreform durchführen wollen, hätte er das schon seit zwanzig Jahren tun können. Die juristischen Mittel und das Land dafür sind längst vorhanden. Insofern ist es auch leicht durchschaubar, dass die jetzigen Farmbesetzungen nicht in erster Linie dem Zweck dienen, Land umzuverteilen. Jetzt geht es um politische Einschüchterung des Gegners. Unsere Demokratie ist auf dem Spiel, und unabhängig davon, wann die Wahlen stattfinden, kann man nach den Ereignissen der vergangenen Wochen schon nicht mehr davon sprechen, dass sie frei und fair sein werden.

Ist die Zeit reif für einen politischen Wechsel?

Wir sind keine politische Partei und wir wollen uns auch nicht zum Sprachrohr einer Partei machen. Unserer Meinung nach aber ist die Zeit mehr als reif dafür, dass die Menschen in Simbabwe von ihren in der Verfassung garantierten Rechten Gebrauch machen und sich politisch artikulieren. Unsere Aufgabe besteht darin, darauf hinzuarbeiten, dass ein gesellschaftliches Klima entsteht, in dem das möglich ist. Wie der einzelne dann entscheidet, ist seine Privatsache.

Interview: KORDULA DOERFLER