piwik no script img

Grüner Juniorchef

Hessen: Nach ihrer Niederlage auf dem grünen Parteitag gibt Priska Hinz auch den Fraktionsvorsitz ab. Nachfolger wird Tarek Al-Wazir (29)

WIESBADEN taz ■ Nach nächtlicher Krisensitzung ist gestern Morgen die hessische Landtagsfraktionsvorsitzende der Grünen, Priska Hinz, zurückgetreten. Sie zog damit die Konsequenz aus ihrer Niederlage beim Landesparteitag am Samstag. Die Mitgliederversammlung hatte Hinz bei ihrer Kandidatur als Sprecherin des Landesvorstandes mit 84 Nein- zu 72 Ja-Stimmen überraschend durchfallen lassen.

Hinz galt zwar als umstritten, Kritik an ihr war bis dahin jedoch nur verdeckt geäußert worden. In einer persönlichen Erklärung teilte sie gestern mit, sie habe diese Entscheidung getroffen, weil sie eine „lange, quälende Debatte“ in der Partei habe vermeiden wollen, die nur der CDU/FDP-Regierung unter Roland Koch nütze.

Zuvor hatten einige Kreisverbände ihrem Unmut über die Führungsstrukturen der Grünen Luft gemacht. Der Kreisverband Hersfeld-Rothenburg drohte mit seinem geschlossenen Austritt aus dem Landes- und Bundesverband, weil in den letzten Jahren „eine Reihe von Berufspolitikern die Macht übernommen“ habe.

Parteirat und Basis seien immer wieder vor vollendete Tatsachen gestellt worden, erklärte Sprecher Hans-Jürgen Schülbe. Jetzt müsse der Weg für einen „inhaltlichen, strukturellen und personellen Neuanfang“ freigemacht werden. Jüngere Leute seien bisher nicht gefördert, sondern „weggebissen“ worden. Der ehemalige Justizminister Rupert von Plottnitz räumte ein, dass der Parteiführung der „Kontakt zur Basis“ verloren gegangen sei. Dennoch traf die Fraktion gestern Vormittag wiederum eine Blitzentscheidung.

Die acht Abgeordneten wählten den bisher stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Tarek Al-Wazir einstimmig zum Nachfolger von Hinz. Der 29-jährige Politikstudent ist der jüngste Abgeordnete der Grünen und seit 1995 im Landtag. Der Sohn einer Deutschen und eines Jemeniten ist in Offenbach geboren. Einige Zeit lebte er auch bei seinem Vater im Jemen. Er ist seit 1989 Mitglied der Grünen und war zwei Jahre lang Vorsitzender der Grünen Jugend Hessen, einer der Gruppierungen, die die Parteiführung immer wieder scharf kritisiert hatten. Bis 1997 war Al-Wazir Stadtverordneter in Offenbach. Er hat eine hohe Akzeptanz in der Partei, gilt als einer der Hoffnungsträger und profilierte sich im Landtag als rhetorisches Talent.

Al-Wazir, ebenso übernächtigt wie seine KollegInnen, sagte gestern Vormittag nach seiner Wahl, die Fraktion habe „lange diskutiert“. Er habe das Amt schließlich übernommen, weil er „eine elend lange Personaldebatte“ habe vermeiden wollen. HEIDE PLATEN

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen