Werkzeug zum Fürchten

■ Exhibitionisten haben immer Saison / Zwei junge Frauen am Uni-See trieben einen von ihnen mit dem Fotoapparat in die Flucht /Der Fotosession konnte er nicht entkommen

Die Sonne scheint. Alles wächst und gedeiht, und auch die Exhibitionisten bekommen Frühlingsgefühle. Diese Erfahrung machten am Donnerstag zwei junge Frauen am Uni-See, wie sie der taz berichteten. Ein Onanist wollte den Schwimmerinnen mit seinem entblößten Handwerkszeug das Fürchten lehren, erreichte sein Ziel aber nicht ganz: Die beiden verfolgten den Unhold und fotografierten ihn.

„Er fand es einfach toll, dass wir Angst hatten“, erinnert sich eine der Bedrängten, eine 19-jährige Studentin. Sie sei mit ihrer Freundin an einer ruhigen Stelle zwischen FKK- und Textilstrand baden gegangen. Als die beiden sich umziehen wollten, sei der Mann aus dem Gebüsch getreten. Als sie den Exi ablichten wollten, quittierte dieser die Idee mit einer flotten Drehung um die eigene Achse. Und machte munter weiter.

Die folgende Szene muss filmreif gewesen sein: Die Studentinnen verfolgten den Mann Mitte zwanzig quer über den FKK-Strand. Irgendwann habe sich dieser dann einfach hingesetzt und hinter seiner Sonnenbrille verschanzt. Beide machten andere Badegäste auf den Mann aufmerksam, porträtierten ihn und riefen per Handy die Polizei.

Diese sei auch nach einer Viertelstunde gekommen. Der Täter jedoch war längst seiner Wege gegangen. „Ein bisschen müde“ und „unmotiviert“ seien die Beamten gewesen, beklagt sich die 19-Jährige. Für sie und ihre Freundin war die Begegnung mit dem Exhibitionisten jedoch keineswegs lapidar: Man habe sich bedroht gefühlt, als der Mann bis auf drei oder vier Meter herangekommen war, „wir konnten uns dem kaum entziehen“. Exhibitionismus sei schließlich auch eine Form von Gewalt, so die 19-Jährige.

„Wir nehmen jede Tat ernst“, sagt dazu der Leiter des Sonderdezernats K 32 (“Sexual- und Rotlichtdelikte), Werner Meyer. Ex-hbitionisten seien in der Regel jedoch ungefährlich, „feige Leute, die ihr Schwänzchen einziehen, wenn sie auf Gegenwehr stoßen“. Auch beim Bremer „Notruf für vergewaltigte Frauen“ sieht man das so: „Das sind nicht die, vor denen man wirklich Angst haben muss“, meint Beraterin Ulrike Sander. Sie findet es sinnvoll, dass die Polizei das Thema nicht „aufbauscht“.

Kriminalhauptkommissar Meyer sieht vor allem ein psychologisches Problem: Die Betroffenen könnten vorab nie einschätzen, wo der jeweilige Täter die Grenze zieht. Und „Täter“ sind die zeigefreudigen Herrn im rechtlichen Sinn durchaus: Auf „exhibitionistische Handlungen“ steht eine Geldstrafe oder im Höchstfall ein Jahr Gefängnis.

Erstaunlich ist, dass Exhibitionisten immer Saison haben: Ihr Treiben sei nicht auf die warme Jahreszeit begrenzt, so Kommissar Meyer. Aus seiner Sicht sind es Getriebene, die winters wie sommers ihr Gemächte herzeigen. Zum größten Teil seien sie Wiederholungs-Täter und bei der Polizei registriert. Gegenwärtig steigen die Zahlen im FKK-Bereich allerdings wieder. Allein im April wurden der Polizei insgesamt 16 Vorfälle gemeldet, bei denen vor allem Kinder betroffen waren. Die Dunkelziffer ist unbekannt.

Die Porträts vom Uni-See, die hätte Meyer jetzt gerne zur Hand: „Die Frauen sollen den Film um Gottes willen nicht weggeben!“ Und warum haben die Kollegen ihn dann nicht gleich mitgenommen? Nach kurzer Recherche gibt er folgende Erklärung: Es sei abgemacht gewesen, den Film nachzureichen, weil er noch nicht ganz voll gewesen sei.

hase