Teurer Roland Berger wird noch teurer

■ Unternehmensberater-Firma Roland Berger kostet 3,3 Millionen Mark im ersten Jahr / Teurer Rat: 80 Prozent der Verwaltung soll privatisiert werden, weil sie anders nicht reformierbar ist

Wenn ein renommierter Gutachter seinen Bericht erstattet, ist eines vollkommen klar: Da kommen Folien und klingeln business-Worte. Ob mehr passiert, weiß man erst im Nachhinein – und da es in der Verwaltung über die Effektivität von Gutachter-Ratschlägen keinerlei Rechenschaftspflicht gibt, werden manche Gutachten schnell zum Altpapier gelegt und vergessen. Wer möchte heute noch wissen, was aus dem Ploenzke-Gutachten über die Effektivität der Sozialverwaltung herausgekommen ist? Was haben derzeitige Kuhhandel über die Lehrer-Anzahl zu tun mit den Erkenntnissen des „Kienbaum“-Gutachtens über die Schulen? Knapp 1.000 mal hat die taz in den letzten sechs Jahren über Gutachten berichtet, die alle meist wenig Folgen hatten.

Allein das alte McKinsey-Gutachten plus „Umsetzung“ kostete rund 14 Millionen Mark. Nun soll ein anderer ran: Die Gutachter-Firma „Roland Berger“ soll eine umfassende Verwaltungsreform begleiten. Acht Millionen Mark (Umsetzungskosten wurden nicht eingeplant) wollte sich der Senat den guten Rat für die vier Jahre bis zum Jahr 2003 kosten lassen. Nach den ersten Sitzungen mit den hochkarätigen Gutachtern ist nun aber vor allem eines klar: Das Geld reicht nicht.

Das stellte die „Staatsräte-Lenkungsgruppe Neuordnung der Aufgabenwahrnehmung“ fest. Wegen der „Erfahrungen der ersten Monate“ sind nämlich jetzt schon für das erste Jahr 2000 insgesamt 3,4 Millionen Mark verplant. Da der gute Rat pro Beraternase und Tag knapp 5.000 Mark kostet, sind damit zudem nur kleinere Beratungsprojekte zu finanzieren.

Für eine Million Mark sollen die Berater einen Vorschlag über die Verwaltung der Liegenschaften des Bildungsressorts (Schulen) machen. (Diesem Thema hatten sich zwar auch schon die Gutachter von McKinsey gewidmet, aber das ist lange her.)

Die Unternehmensberater sollten ursprünglich auch eine so zent- rale Frage wie die Optimierung des Standesamtes bearbeiten. Beim Amt für Straßen und Verkehr sollen Berger&Co die „Umsetzung der Empfehlungen des vorliegenden Gutachtens der Beratungsfirma Mummert & Partner“ qualitätssichernd begleiten. Beim Stadtamt soll es eine „Organisationsuntersuchung“ geben – aber mit 85 Arbeitstagen (419.000 Mark) ist das eher eine Billig-Variante. Auch im Grünbereich soll Roland Berger Qualität sichern und bei der Bildung einer „Port Authority“ beratend (739.000 Mark) zur Seite stehen. Bei der „Neustrukturierung der Lebensmittelüberwachung“ ist der gute Rat 18 Tage (89.000 Mark) wert.

An die großen Themen soll sich das Beratungsunternehmen allerdings nicht heranmachen. Weder im personalintensiven Schul- und Sozialbereich noch bei der Bauverwaltung oder im Polizeibereich sind bisher größere Untersuchungaufträge eingeplant.

Das ist für eine Beraterfirma, deren Mitarbeiter pro Tag deutlich mehr Geld verdienen als ein Senator, eine etwas unbefriedigende Lage. Wie soll die Bremer Stadtverwaltung ein moderner Dienstleistungskonzern werden, wenn die Berater die Hälfte ihres Honorars bei der Beschäftigung mit Randproblemen schon abfeiern? Um nicht den Eindruck zu erwecken, sie hätten das Ziel aus dem Auge verloren, haben die Gutachter daher eine Folie „Radikalmodell“ aufgelegt: Der öffentliche Dienst mit derzeit 30.000 Beschäftigten soll auf „4.000 bis 8.000“ zusammenschmelzen. Bis auf einen Kernbereich soll alles privatisiert werden.

Irgendwie und bis zum Jahre 2020. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass der öffentliche Dienst nicht zu modernisieren ist, denn de facto bedeutet das ja einen Abbau um mehr als 80 Prozent. K.W.