Cliquen, Klüngel und Karrieren

■ Heute wird in der HWP ein Buch zu den Hamburger Burschenschaften vorgestellt

Aus „Gründen des Staatswohles“ antwortete 1996 der Hamburger Senat nicht auf eine GAL-Anfrage zu den rechtsextremen Verbindungen der Hanseatischen Burschenschaften. Das Landesamt für Verfassungsschutz hat schon 1993 einen vertraulichen Informationsbericht verfasst, in dem festgestellt wird, daß „rund 40 Angehörige von Burschenschaften namentlich bekannt (sind), über die rechtsextremistische Erkenntnisse vorliegen“. Doch selbst Bürgerschaftsabgeordneten ist der Bericht bis heute unbekannt. Auch ohne diese Antworten stellen die AutorInnen von „...und er muss deutsch sein...“ die Geschichte und Gegenwart der studentischen Verbindungen in Hamburg dar, wobei sie sich in dem Sammelband auf die historischen und aktuellen Verflechtungen zur extremen Rechten konzentrieren.

Auf der Basis einer detaillierten Auswertung von Quellen des Hamburger Staatsarchivs zeichnen Ines Meyer, Lasse Koch und Robert Kocher eine Kontinuitätslinie völkisch-nationalistischer Mentalitäten vom Kaiserreich bis zum Dritten Reich nach: Füxe, Burschen und Alte Herren unterstützten völkische Gruppen und Freikorps und bauten den Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund auf. Den antidemokratischen und antiegalitären Konsens der Verbindungen sehen Ines Meyer, Diana Auth und Alexandra Kurth in den studentischen Bräuchen und dem männerbündischen Prinzip. Noch nie wurde dieser burschenschaftliche Konsens grundsätzlich hinterfragt, betont Anke Beyer.

Auch das Vergessen und Rechtfertigen der deutschen Geschichte gehören bis heute zu ihrem Fundament. En detail zeigen einige Autoren insbesondere bei der Burschenschaft Germania Hamburg auf, dass es von diesem konservativ-reaktionären Konsens nicht weit zu einer faschistoiden Politik ist. Manche Verbindungen fordern nicht nur die Grenzen von 1937, einige Burschen führten auch Wehrsportübungen durch. Zusammen mit Alten und Neuen Rechten kämpfen sie für „Freiheit, Ehre, Vaterland“.

Die akribische Zusammenstellung von Hamburger Persönlichkeiten, die Alte Herren sind, ergibt ein „Who is Who?“ der hanseatischen High Society, in der diverse Landgerichtsdirektoren, Chefärzte, Oberregierungsräte und Bundeswehrgeneräle auftauchen. Das ungebrochene Schweigen des Hamburger Senats und die beschönigende Einschätzung des LfV könnte das erklären. Andreas Speit

heute, 19.30 Uhr, HWP, Café Knallhart: Anke Beyer, Johann Knigge et. al.: „...und er muss deutsch sein...„ Geschichte und Gegenwart der studentischen Verbindungen in Hamburg, VSA-Verlag, 227 Seiten, 34.80 Mark