Suspekter Erbprinz

Heinrich zu Fürstenberg soll zwei Kilogramm Kokain gekauft haben.Eine Durchsuchung blieb ergebnislos. Die Boulevardpresse bleibt dran

Erstmals urkundlich erwähnt wurde das Geschlecht derer zu Fürstenberg um 1070, letztmals in der gestrigen Ausgabe der Bild-Zeitung. Denn auf dem Erbprinzen Heinrich zu Fürstenberg, 49, designierter Nachfolger des Brauerei- und Großgrundbesitzers Joachim Egon Maximilian Friedrich Leo Joseph Maria Hubertus Fürst zu Fürstenberg, 76, liegt ein böser Verdacht: Der Adelige soll sich angeblich zwei Kilo Kokain besorgt haben – über den inhaftierten italienischen Mafia-Killer Salvatore Scaravilli, 52.

Was ist dran an der wilden Geschichte um Adel, Koks und Mafia? Wahrscheinlich wenig. Selbst die Bild-Zeitung zweifelt an einer Verbindung zwischen Aristokratie und Kriminalität, zwischen dem feinen Heinrich und dem schurkischen Salvatore: „Zwei Männer, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten.“ Und weil sich der Koks-Verdacht amtlicherseits nicht erhärten ließ, bastelte sich das Springer-Blatt neue Verdachtsmomente eben selbst – etwa diese Szene im Gasthof „Bayerischer Hof“ nahe dem Jagdschloss: „Die Bild-Reporter bestellen zwei Fürstenberg-Pils. Der Wirt weiß nicht, dass sie Journalisten sind. Und sagt ganz spontan und sehr ironisch: ‚Mit oder ohne Kokain?‘ “

Während das Adelshaus empört dementiert („Italienische Intrige!“), erfährt die interessierte Öffentlichkeit immer mehr Interessantes aus dem Umfeld des Erbprinzen: Er feiert gern in Gesellschaft anderer reicher Menschen, und das so laut, dass sich schon mal die Nachbarn beschwert haben. Von dem altgedienten, ebenfalls adeligen Verwalter Dr. Ernst Wilhelm Graf zu Lynar, 75, hat sich Heinrich offenbar so wenig einvernehmlich getrennt, dass dieser nun kolportiert, der Erbprinz habe mal eine junge Frau einstellen lassen, „deren berufliche Fähigkeiten nicht ganz klar waren“. Seine Großmutter war eine Verwandte von Fürstin Gloria von Thurn und Taxis. Sein Urgroßvater gar ein enger Freund von Kaiser Wilhelm II.

Wenn der Erbrinz heimkehrt wird er sich erklären müssen. Der zuständige Amtsrichter Christian Bäumler, 35, hat angekündigt, er werde einen neuen Haftbefehl ausstellen, sollte der Erbprinz nicht binnen zwei Wochen auftauchen. Die SPD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag will derweil mit einer parlamentarischen Anfrage klären, ob Heinrich von der Justiz bevorzugt behandelt wurde.

Dem Biergeschäft scheint der Kokain-Krimi nicht zu schaden. Im „fürstlichen Gästebuch“ der brauereieigenen Internet-Homepage solidarisieren sich die Bierfreunde mit dem Verdächtigen: „Das Bier ist gut, und ’ne Nase voll Koks hat auch noch keinen umgebracht.“ STEFAN KUZMANY